Ein neues Metal Slug? Na, da war ich erstmal skeptisch. Klar, die Marke ist legendär, und neben Virtua Fighter so ziemlich DAS Spiel, an das ich im Balkanurlaub meiner Kindheit am sehnsüchtigsten zurückgedacht habe. Arcadegeballer mit toll animierten Sprites und dazu noch gerade sackschwer genug, um mir auch noch die letzte Mark aus der Tasche zu ziehen. Zuhause gab’s das für mich nicht, weil es bei uns keine Arcades gab und auch weil ich den Neogeo für eine Art Konsolen-Kryptid gehalten habe (und da ich bis heute noch keinen in der Hand hatte, bin ich ehrlich gesagt noch immer nicht von seiner Existenz überzeugt). Aber ein Rundenstrategiespiel mit den chaotischen Helden Marco, Eri, Fio und Tarma? Das klang fast wie das Projekt eines gelangweilten Entwicklers, der gerade mal wieder XCOM gespielt hat und dachte: „Lass uns das doch mal mit dicken Explosionen und riesigen Panzerknarren mischen!“ Doch siehe da, Metal Slug Tactics macht genau das – und es funktioniert überraschend gut. Aber ist es wirklich der nächste große Hit, oder bleibt es ein spaßiger Ausflug in die Taktik-Welt? Finden wir es heraus!
1. Die Story – Irgendwo ist immer Krieg
Metal Slug Tactics folgt den bekannten Serienhelden und da es sich bei der Truppe um Söldner handelt ist es auch nicht besonders schwer einen Einsatzzweck für sie zu finden. Vor allem nicht, wenn der böse General Morden seine Schergen losschickt und Chaos stiftet. Und das geschieht natürlich nicht ohne jede Menge skurrile Mechs. Der Plot ist genau so schräg und absurd wie die Vorgänger. Statt eines linear erzählten Plots bietet uns das Spiel aber eine lose, episodische Story, die als Rahmen für unsere Taktik-Missionen dient, ein bisschen wie ein Samstagmorgen-Cartoon für Erwachsene: In jeder neuen Mission geht’s gegen eine andere wilde Einheit, und natürlich gibt es jede Menge Sprüche und One-Liner von den Protagonisten. Erwartet also keine epische Saga – Metal Slug bleibt sich hier treu und setzt den Humor an erste Stelle, belohnt Spieler aber mit freischaltbaren Storysequenzen, in denen man den Cast besser kennenlernen kann. Das erreicht dabei nie die Tiefe von aktuellen Storyriesen, wie Metaphor ReFantazio oder Dragon Age The Veilguard, aber charmant genug um es nicht zu skippen ist es allemal. Und für die Handlung hat auch schon vorher noch nie jemand Hand an Metal Slug angelegt.
2. Gameplay – Rundenstrategie im Kugelhagel
Aber jetzt zum Wesentlichen: Wie spielt sich das Ganze? Nun, wenn du Metal Slug kennst, bist du an Chaos, Explosionen und schnelle Action gewöhnt. Jetzt wird alles etwas entschleunigt – wir reden hier von Rundenstrategie. Der Spagat zwischen den Genres ist auf den ersten Blick gewagt, aber Gears of War hat es mit seinem Gears of War Tactics-Ableger bereits bewiesen: Action kann auch hart und schnell sein, wenn man die Zeit anhalten kann. Aber Rundenstrategie hat Vor- und Nachteile.
Zunächst: Die Charaktere und Klassen. Jeder der vier Hauptcharaktere hat eine eigene Klasse und bestimmte Fähigkeiten, die man sich im Laufe des Spiels freischalten kann. Marco ist der typische Allrounder, der seine Party verstärkt. Eri, die Scharfschützin, die mit Crowd Control-Effekten neue Angriffswinkel ermöglicht und Fio hat einen Faible für explosive Überraschungen und macht gerne gleich Schaden an mehreren Gegnern. Hinzu kommen noch einige freischaltbare Charaktere, die man auch spielen kann, wenn man gewisse Voraussetzungen erfüllt. Das soll in einem Roguelite für Wiederspielwert sorgen, ich bin persönlich kein großer Fan davon Dinge mehrfach zu spielen, aber wirklich schlimm ist das ja nicht, denn die Einheiten sind so verschieden, dass sie zu ihren typischen Metal-Slug-Persönlichkeiten passen, und das bringt Abwechslung in jede Mission.
Aber das Herzstück sind die taktischen Kämpfe auf dem Schlachtfeld. Die Maps sind in kleine Quadrate unterteilt, und jede Einheit hat eine bestimmte Anzahl von Aktionen, die sie pro Runde ausführen kann – sei es sich bewegen, angreifen oder spezielle Fähigkeiten einsetzen. Wenn man sich an Spiele wie Fire Emblem oder Advance Wars erinnert, kommt man schnell zurecht. Generell sorgen die Missionsziele dafür, dass sich das Ganze mehr anfühlt als würde man ein Puzzle lösen, als ein richtiges Gefecht kommandieren. Trotzdem bleibt es Metal Slug – also mit einem hohen Maß an Chaos, unvorhersehbaren Ereignissen und natürlich einem ständigen Munitions- und Explosionsregen ermöglicht durch Interaktionsmöglichkeiten in der Umwelt oder cleveres Gegnerdesign.
Eine interessante Wendung ist das Adrenalin-System: Mit jedem erfolgreichen Kill oder Treffer füllt sich die Adrenalin-Leiste, und wenn sie voll ist, kann eine Einheit eine Superattacke ausführen, die für die perfekte Mischung aus Strategie und dem typischen Metal-Slug-Krawall sorgt. Aber sollte keine Adrenalin-Fähigkeit zur Verfügung stehen, dann muss man sich dennoch nicht mit einem langweiligen Angriff zufrieden gebeb. Metal Slug Tactics belohnt nämlich smartes Positioning dadurch, dass man befreundeten Charakteren ermöglicht das selbe Ziel anzugreifen, wenn sie das Ziel auch selber sehen können. Das sorgt oft für das Quäntchen an Schaden, um einen harten Brocken gerade noch rechtzeitig zu knacken!
3. Schwierigkeitsgrad und Roguelike-Elemente
Metal Slug Tactics hält sich kein bisschen zurück: Das Spiel ist knallhart. Schon in den ersten Missionen merkt man schnell, dass selbst die kleinsten Feinde gefährlich werden können, wenn man sich nicht clever aufstellt. Die Gegner haben verschiedene Klassen und Fähigkeiten, und wenn man sie unterschätzt, sieht man schneller den Game-Over-Bildschirm als einem lieb ist.
So kommt man dann aber schnell in den Genuss der eingebauten Roguelike-Elemente. Nach jeder Mission sammelt man Erfahrung und Geld und kann das Team aufwerten, Waffen verbessern oder neue Fähigkeiten freischalten. Das Spiel bleibt so spannend, denn man weiß nie, was die nächste Mission bringt – neue Gegner, andere Map-Aufbauten oder zufällige Events, die einem das Leben schwer machen. Das wirkt naturgemäß manchmal ziemlich random, aber so werden die Missionen eben auch generiert. Aber man ist der Sache auch nicht völlig schutzlos ausgeliefert, denn man hat immer eine Auswahl in Missionen und kann so zumindest im Groben einschätzen ob Gefahr und Belohnung in einem handlebaren Verhältniss zueinander stehen. Und wenn’s hart auf hart kommt, dann kommt man eben mit mehr Erfahrung wieder zurück!
4. Die Optik – Pixelkunst und Wabbelpanzer
Nun, ein Punkt, in dem sich Metal Slug nie verstecken musste, ist die Optik. Auch Metal Slug Tactics bleibt diesem Stil treu und zeigt, wie schön und detailliert Pixel-Art sein kann. Die Entwickler haben sich richtig ins Zeug gelegt, um die Schlachten lebendig aussehen zu lassen. Explosionen flackern, Patronenhülsen fliegen, und selbst die Umgebungen sind bis ins kleinste Detail durchdacht. Besonders beeindruckend sind die Animationen – jeder Schuss, jeder Treffer und jede Explosion wirkt, als hätte man die besten Szenen der Vorgänger in taktischer Form verpackt.
Die Charakterdesigns sind auch gelungen. Marco, Eri und Co. wirken immer noch so lässig wie eh und je, und auch die Feinde haben viel Charme und zeigen auf den ersten Blick welche Gefahr wohl von ihnen ausgeht. Allgemein hat die Optik einfach etwas Zeitloses, und Metal Slug Tactics beweist, dass Pixelkunst noch lange nicht veraltet ist. Außerdem sind die wobbelnden Panzer einfach sau witzig!
5. Kritikpunkte – Wo hakt’s?
Natürlich ist nicht alles Gold, was glänzt. Ein Punkt, der mir negativ auffiel, ist das Balancing. Die Schwierigkeitskurve ist oft unvorhersehbar steil, und manchmal kann eine kleine Fehlentscheidung das gesamte Team in Schwierigkeiten bringen und so den ganzen Run schon am Anfang versauen. Zwar sind Herausforderungen in einem Strategiespiel immer willkommen, aber hier fühlte sich das manchmal eher unfair an.
Ein weiterer Kritikpunkt ist das Zufallselement in den Missionen. Manchmal sind es zu viele Zufallsereignisse, die in kurzer Zeit auf einen einprasseln. Das kann dazu führen, dass man Missionen wiederholen muss, weil das Spiel gerade eine besonders gemeine Kombination von Gegnern und Events ausgespuckt hat. Ein bisschen weniger Zufall und ein bisschen mehr Planbarkeit hätten dem Spiel sicher gutgetan.
Außerdem gibt es einen Punkt, der für mich total egal ist, aber es gibt gar keinen Multiplayer-Modus. Ich könnte mir das in einem so schnellen Taktikspiel eigentlich ganz gut vorstellen und mir persönlich macht auch eine Kampagne Spaß, bei der man den Gamepad weiterreicht, aber da muss man hier improvisieren.
Fazit
Insgesamt ist Metal Slug Tactics ein überraschend gelungenes Spiel. Es schafft es, den Geist der alten Spiele in eine völlig neue Genreumgebung zu transportieren, ohne seinen Charme zu verlieren und die Mischung aus Rundenstrategie und dem typischen Metal-Slug-Chaos funktioniert erstaunlich gut. Fans der alten Spiele als auch Strategieliebhabern können ruhig zugreifen.
Die Schwächen – etwa die teils unfaire Schwierigkeitskurve und das Balancing – sind zwar vorhanden, stören den Spielspaß aber nicht zu sehr. Besonders die abwechslungsreiche Optik und der treibende Soundtrack machen das Spiel zu einem echten Erlebnis. Wenn du XCOM, Fire Emblem oder einfach gute Pixel-Art liebst, solltest du Metal Slug Tactics zumindest mal im Gamepass testen.
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Grafik / Art Design - 9
Story / Inszenierung - 8.1
Gameplay & Steuerung - 8
Technik / Steuerung - 8.2
Umfang / Wiederspielwert - 7.6
Gameplay / Spielspass - 8.5
8.2
Ein starkes Spiel, das den Wurzeln der Serie treu bleibt und neuen Wind ins Taktik-Genre bringt.