Auf Sonic X Shadow Generations hatte ich tatsächlich ziemliche Vorfreude. Nicht nur halte ich Sonic Generations nach wie vor für einen der besten Sonic-Titel der jüngeren Zeit (aka der letzten zwei Dekaden), nein, seit der offiziellen Ankündigung wirkte es, als sei das kommende Sonic X Shadow Generations immer wesentlich mehr als ein bloßes Remaster.
Auf der diesjährigen Gamescom hatte ich die Gelegenheit eine halbe Stunde lang die Presse-Demo anzuspielen, die im direkten Vergleich zur Floor-Demo in den Messehallen ein wenig länger war. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an Cosmocover und SEGA für die Einladung. Während der Hands-On Session hat sich der obige Eindruck verstärkt, zumindest teilweise: Denn während die Sonic-Passagen abgesehen von ein paar visuellen Tweaks und Anpassungen in der Steuerung im Wesentlichen dem Original nachempfunden sind, bringen die Shadow-Levels komplett neue Mechaniken und Stages mit sich, die auch für Fans des Ur-Generations frischen Wind liefern. Gerade durch die komplett neuen und komplexer anmutenden Shadow-Passagen, die Versatzstücke aus Sonic Frontier übernehmen, fühlt sich Sonic X Shadow Generations insgesamt eher wie ein direkter Nachfolger zum 2011er Werk an.
(Vermutlich) größtenteils keine 2D-Passagen für Shadow
Im Rahmen der Demo habe ich meinen Anspiel-Schwerpunkt auf die insgesamt vier verfügbaren Stages von Shadow gelegt. Zur Verfügung standen der „Space Colony Park Act 1“, der „Kingdom Valley Act 1“, sowie zwei Bossfights, der Kampf gegen den „Biolizard“ sowie den „Metal Overlord“. Space Colony Park Act 1 und den Biolizard-Bosskampf gab es auch für reguläre Besucher der Gamescom zu spielen.
Die Shadow-Passagen waren ausnahmslos in 3D gehalten und nicht etwa, wie beim klassischen Sonic Generations-Teil, eine Mischung aus 2D- und 3D-Remix-Versionen klassischer Mega Drive-Stages. Auf Nachfrage wurde mir gesagt, dass es für Shadow voraussichtlich keine expliziten 2D-Stages geben wird.
Shadow Stages sind ausufernder und komplexer als die Sonic-Counterparts
Auffällig ist, dass die Shadow-Levels deutlich ausufernder und länger sind als die Counterparts mit unserem blauen Lieblingsigel. Ein Act besteht hier aus mehrstufigen Abschnitten mit oft unterschiedlichen Gameplay-Fokussen. So erinnert Space Colony Park Act 1 ein bisschen an bekannte Shadow-Stages aus dem Dreamcast-Klassiker Sonic Adventure 2, hier sei vor allem Final Rush erwähnt. Das Leveldesign bietet multiple Wege, immer wieder gibt es Möglichkeiten, alternative Routen zu nehmen, manche wirken in ihrem Effekt substanzieller als andere.
An einer Stelle folgt dann eine kleine In-Game Sequenz, die uns in den nächsten Abschnitt überführt. Der zweite Abschnitt ist als kleine storygetriebene Jagd-Sequenz in einer verzerrten Realität inszeniert, die mit ein paar Dialogzeilen gewürzt ist. Wir verfolgen Doom Eye in seiner Stern-Iteration. Kommen wir nah genug ran, können wir eine Art Quick Time Event triggern.
Wirkt Space Colony Park Act 1 wie etwas, was man tendenziell schon von anderen 3D Sonic-Titeln kennen dürfte, setzt Kingdom Valley Act eine frische Duftmarke. Nicht nur künstlerisch, sondern auch beim Level-Design – denn die Level fühlt sich trotz klassischer Struktur offen und weitläufig an – hier hat man sich offenbar ein paar Elemente von Sonic Frontiers geborgt. Ansonsten gibt es verschiedene Gimmicks, die das Level zu bieten hat: An einigen Passagen etwa trägt uns ein Vogel durch die Stage – an einer anderen Stelle können wir uns auf bespannten Seilen nach oben katapultieren und immer wieder können wir via Mechanismus luftige Railplanken aus Windkraft in der Luft beschwören.
Ansonsten gibt es Surf-Abschnitte, wo wir uns über Wasser gleitend mit dem Doom Surf, einem beschworenenen Manta Rochen-artigen Gefährt, durch diverse Hindernisse manövrieren müssen.
Neue Fähigkeiten im Gepäck
Mit dem „Doom Surf“ haben wir dann auch ein zentrales Schlüsselwort gedroppt. Ein großer Teil der Shadow-spezifischen Neuerungen in Sonic x Shadow Generations betrifft die Nutzung der „Doom-Kräfte“: Mit dem „Doom Spear“ kann man namensgebende Speere verschießen und bis zu 5 Widersacher gleichzeitig auf’s Korn nehmen. Mit dem „Doom Blast“ können wir die Gegner in die Luft schleudern, um sie da weiter zu bearbeiten.
Mit „Doom Morph“ verwandeln wir uns temporär in eine mächtige Lovecraft-artige Kreatur. Bei der „Doom Wing“-Kraft ist der Name Programm, sie verleiht uns Flügel und lässt uns für einen gewissen Zeitraum durch die Stage fliegen. Auf das namensgebende „Doom Surf“ bin ich ja bereits im vorherigen Einschnitt eingegangen.
Ich habe während der Demo eigentlich nur den marginalsten Teil der neuen Kräfte tatsächlich ausprobieren können. Allerdings gibt es immer wieder kleine Einlagen, in der wir etwa die „Chaos Control“ nutzen müssen, um vorwärts zu kommen. Mit der besagten „Chaos Control“ vermögen wir es für kurze Zeit die Zeit zu verlangsamen. Auf diese Weise können wir auf uns gerichtete riesige Raketenprojektile verlangsamen, um sie als Plattform zweckzuentfremden. Die Nutzung der Kraft erfolgt mit dem L2 Trigger in aktiver Manier, oder in passiver Weise, um versteckte Pfade zu entdecken. In allen Fällen muss aber ein entsprechender Balken gefüllt werden, um die Kraft zu nutzen. Letztlich war das nur ein kleiner Teaser, aber ich bin gespannt, wie sich die Kräfte dann in späteren Stages verhalten. Ich könnte mir vorstellen, dass sie deutlich mehr spielmechanische „Innovation“ bringen könnten, als etwa die Wisps seinerzeit, die in Sonic Colors, Generations und Lost World prominent vertreten waren.
Intensive Bosskämpfe
Zwei Bosskämpfe standen im Rahmen der Demo zur Verfügung: Der Kampf gegen den „Biolizard“ und den „Metal Overlord“. Bei beiden habe ich reingeschaut, und beide fühlten sich recht intensiv für Sonic-Verhältnisse an, beide waren wieder an Sonic Adventure 2 angelehnt, und bei beiden habe ich mich, das gebe ich zu, nicht gerade clever angestellt.
Beim schon aus SA2 bekannten Biolizard ist der Knackpunkt, dass sich auf dem Rücken der gigantischen Echse der Schwachpunkt befindet. Mit den Schläuchen, an denen sich organisch anmutende Blasengebilde befinden, gibt es immer wieder Stampfangriffe, denen wir ausweichen müssen. Die Schläuche sind aber auch der Weg, um zum Rücken des Reptils zu gelangen. Mit zunehmenden Phasen verändern und erweitern sich naturgemäß die Angriffsmuster.
„Metal Overlord“ ist wieder als große mehrstufig aufgebaute Jagd-Sequenz angelegt, die auf dem „Doom Surf“ stattfindet. Über diverse Sprungschanzen und Grindrails können wir immer näher an den Metal Overlord herangelangen, während wir gleichzeitig auf Raketen, Hindernisse und Laserstrahlen aufpassen müssen. Via Knopfdruck können wir passend getimt Gegenstände gegen den Boss schleudern, oder aber die Raketen gegen ihn verwenden, um beständig die Lebensleiste herabzusenken. In einer spezifischen Phase wechseln wir das einzige Mal innerhalb der Demo in eine 2D-Ansicht, in der wir auch entgegenkommende Raketen zurückschleudern müssen.
In allen Fällen sind beide Bosskämpfe visuell großartig inszeniert, erinnern an selige Dreamcast-Zeiten, hieven das Ganze aber erfolgreich in die Moderne.
Im Westen Nichts Neues
Die Sonic-Passagen, hier waren etwa „Green Hill Zone“ und „Chemical Plant Zone“ spielbar, entsprachen gefühlt den alten Generations-Pendants, die ja wiederum Remix-Varianten der alten Mega Drive/Genesis-Levels waren. Dadurch, dass Sonic keine neuen Mechaniken in Sonic X Generations mitbringt, spielen sich die Abschnitte wesentlich leichter im Vergleich zu den Shadow-Stages. Auch die roten Sterne aus dem Original gibt es wieder – allerdings hatte ich nicht mehr auf dem Schirm, ob die Positionen dem Original entsprechen.
Im Übrigen gibt es keine direkten Überschneidungspunkte in den Storylines. Zumindest in der Demo wirkte es so, als seien Sonic Generations und Shadow Generations zwei komplett voneinander abgekoppelte Kampagnen. Das erinnert ebenfalls an Sonic Adventure 2, wo das Ganze ähnlich gehandhabt wurde.
Neue Engine, angepasste Steuerung
Während das originale Sonic Generations auf der proprietären Hedgehog-Engine beruhte, die auch für Sonic 06 und Unleashed verwendet wurde, setzt Sonic x Shadow Generations wie auch Frontiers auf den Nachfolger, die Hedgehog Engine 2. Sonic Superstars war hier zwischenzeitlich unter Nutzung der Unity Engine eher eine Ausnahme, wie es schien.
Das spiegelt sich in mehreren Bereichen wieder: Das Spielgefühl von Sonic Frontiers ist auch hier präsent – gerade im Bereich Movement. (Doppel)sprünge, Homing Attack, Spindash und der allgemeine Geschwindigkeitsrausch fühlen sich spürbar „schwerer“ und physischer an als in vorherigen Serien-Einträgen. Ich musste mich daran gewöhnen, dass der Spindash auch bei Sonic nun standardmäßig auf R2 liegt. Tatsächlich kann die Steuerung im Menü aber vollständig an die eigenen Bedürfnisse angepasst werden – was wirklich eine hervorragende Entscheidung ist.
Artdesigntechnisch dürfte das Spiel alle glücklich machen, die vor allem die technoide Dreamcast-Ära als Peak wahrgenommen haben. Gerade Space Colony Park wirkt, als seien hier alte Assets auf Hochglanz poliert worden. Die Charaktermodelle sind m.E. für Sonic Verhältnisse superb, ich find es auch schön, dass die Levels nun wieder verdichteter und detailreicher wirken als in der Open World von Frontiers, die ziemlich karg anmutete. Ansonsten liegt der Fokus aber klar nicht auf grafischem Muskelspiel, sondern der Gestaltung der Welt.
Die Shadow-Passagen haben performancetechnisch einen guten Eindruck gemacht. In den Sonic-Passagen gab es gerade in den 2D-Abschnitten merkwürdige Framerate-Drops, die ich vom Original nicht kannte.
Den Soundtrack und auch den Score habe ich als ganz cool empfunden, der reiht sich nahtlose in die bestehende Serien-Tradition ein und bietet teils Remixe bekannter Tracks.
Fazit:
Sonic Generations ist innerhalb des Franchise meines Erachtens nach das bisher großartigste Spiel der Post-Dreamcast Ära. Und ich freue mich, dass Sonic X Shadow Generations eher wie ein großartiger Nachfolger statt eines simplen Remasters mit Bonuscontent wirkt. Die Shadow-Levels atmen die Luft von Sonic Adventure 2, wirken mit den „Doom-Powers“ spürbar komplexer und weitläufiger als die Sonic-Pendants und rehabilitieren den unterkühlten, dunklen Igel, der anno dazumal ein eher desaströses Stand Alone-Spiel spendiert bekam. Auch die Bosskämpfe sind toll inszeniert und wirken schön intensiv. Audiovisuell ist das Ding zwar nicht komplett state-of-the-art, die Set Pieces wirken aber stimmig und performancetechnisch macht die Hedgehog 2-Engine bis auf kleine Ausnahmen einen wirklich guten Eindruck. Insofern, ich habe Bock drauf, wird sicher ziemlich gut. Und hey SEGA, das wäre doch ein gelungener Transfer zu einem potentiellen Sonic Adventure 3 *zwinker, zwinker*
Sonic X Shadow Generations bei Amazon vorbestellen:
Sonic X Shadow Generations [PlayStation 5]
Sonix X Shadow Generations [PlayStation 4]
Sonic X Shadow Generations [Nintendo Switch]
Sonic X Shadow Generations [Xbox One/Xbox Series S|X]