Game Review: Like A Dragon: Infinite Wealth für PlayStation 5 – Ärger im Paradies

Schon seit dem Ankündigungstrailer zu Like A Dragon: Infinite Wealth (aka dem achten Mainline-Titel der Yakuza/Like A Dragon-Reihe) war ich zugegebenermaßen ziemlich heiß auf den neuesten Titel von SEGA und RGG Studio. Hawaii als erstmaliger Schauplatz außerhalb Japans? Eine imposante Map-Größe, die dreimal so groß wie Isezaki, Ijincho aus Yakuza: Like A Dragon und neunmal so groß wie das gute, alte Kamurocho ausfällt? Eine vertiefende Zusammenführung des aus dem Vorgänger bekannten Helden Ichiban Kasuga mit Serien-Veteran Kazuma Kiryu? Count me in. Der Humor des wunderbar klamaukigen Trailers mit einem splitterfasernackten Ichiban, der völlig ahnungslos am Strand von Honolulu City aufwacht und erstmal für einen perversen Exhibitionisten gehalten wird, hat direkt Bock auf ein Wiedersehen mit dem strubbelköpfigen Überlebenskünstler gemacht. Die Demo, die Besitzer*innen des Zwischenspiels Like A Dragon Gaiden: The Man Who Erased His Name anspielen durften, setzte die positiven Eindrücke des neuen Schauplatzes fort. Zugleich enthüllte aber schon die Demo die ersten Schatten, die das vermeintliche Urlaubsparadies verbirgt. Hier begegneten wir mehreren Antagonisten, die auf ihre Weise furchteinflößender ausfielen als so einige der vergangenen Widersacher, mit denen sich Kiryu und Ichiban in der Serien-Vergangenheit auseinandersetzen mussten. Die vergangenen drei Wochen haben wir nun damit verbracht, die Hauptkampagne durchzuspielen. In dieser Review verraten wir euch, ob das Spiel dem anfänglichen Hype gerecht wird, was das Spiel handlungstechnisch voraussetzt und ob auch Spieler*innen, die bisher nicht mit der Yakuza bzw. Like A Dragon Marke in Berührung kamen, Freude an dem Ding finden können.

Der Underdog bleibt Underdog

Nach den Geschehnissen aus Yakuza: Like A Dragon scheint das Leben für Ichiban Kasuga endlich eine Wendung zum Besseren genommen zu haben. Der einstige Ex-Tojo-Clan-Yakuza hat einen festen Job bei der Job-Agentur Hello Work, die ihn einst selbst aus der Obdachlosigkeit befreite. Seine Kumpels, der ebenfalls frühere Wohnungslose Yu Nanba und der in Ungnade gefallene Ex-Cop und Fahrlehrer Koichi Adachi sind immer noch präsent und ebenfalls besser situiert als zuvor: Der frühere Krankenpfleger, der wegen eines nicht begangenen Vergehens seine Lizenz verloren hat, ist nun bei einem Hersteller für Medizintechnik angestellt. Adachi hat sich mit einer eigenen Sicherheitsfirma selbstständig gemacht. Und Ichis Love Interest Saeko betreibt weiterhin einen Hostessen-Club. Als geläuterter Ex-Yakuza hat Kasuga Ichiban bei Hello Work eine besondere Funktion: Als Mitbeteiligter an der Auflösung der beiden großen Yakuza-Clans Tojo und Omi fühlt er sich verantwortlich für all die gestrandeten Ex-Yakuza ohne Perspektive, denn ein Gesetz (die Yakuza-Fünfjahres-Klausel) verhindert die Rückkehr in ein bürgerliches Leben. Innerhalb dieser Frist muss man potentiellen Arbeitgebern, Kreditinstituten, Banken und anderen Institutionen offenlegen, dass man Teil des Organisierten Verbrechens war. Ein Umstand, der die Einstellungswilligkeit vieler Firmen erheblich trübt. Ichiban, der um die Umstände weiß, vermittelt die Ex-Yakuza über seine Kontakte weiter und gibt ihnen so wieder Einkommen und den nötigen Funken Hoffnung. Das spricht sich rum und so wird Ichiban ein Hafen für die orientierungslosen Yakuza. So nutzt Adachi die Expertise der Ex-Gauner mitunter auch für seine Sicherheitsfirma. Die „Helden von Yokohama“ sind in der Gesellschaft angekommen.

Ichiban hat eine feste Einstellung bei der Jobvermittlung Hello Work - es scheint bergauf zu gehen, doch das Glück ist leider nicht von Dauer © SEGA

Ichiban hat eine feste Einstellung bei der Jobvermittlung Hello Work – es scheint bergauf zu gehen, doch das Glück ist leider nicht von Dauer © SEGA

Der in Sachen Romantik hoffnungslos unbeholfene Ichiban plant, jetzt wo er tatsächlich halbwegs brauchbare Lebensumstände mitbringt, seine Beziehung zu Saeko zu intensivieren. Dafür sucht er Rat bei seinen Freunden Nanba und Adachi.  Doch obwohl es zu einem recht okayen Date kommt, friendzoned Saeko ihn ziemlich direkt und unvermittelt, das Verhältnis zwischen den beiden kühlt in Folge deutlich ab, was Ichiban entsprechend trifft.

Doch das ist nicht der einzige Rückschlag für Ichiban und seine Freunde. Als Ichiban eines Tages seine Arbeitsstelle Hello Work betritt, wird er zu einem 4-Augen-Gespräch gebeten. Im Zuge dieser Konversation wird ihm die Kündigung ausgesprochen und nahegelegt, er solle sich die restliche Zeit frei nehmen. Seine Kolleg*innen sind aus irgendeinem Grund sichtlich beschämt.

Als er bei sich daheim aufschlägt, trifft er auf eine junge Gruppe Influencer und Pseudo-Investigativ-Reporter, die ihn damit konfrontieren, dass er Hello Work zu einem Yakuza-Unternehmen umfunktioniert habe, und Ex-Yakuza für seine finsteren Machenschaften rekrutiere. Grund hinter diesem Vorwurf ist ein anonymer und ungemein populärer True Crime-Investigativ-Stream des Tatara-Channels, der aus irgendeinem Grund Ichiban auf dem Radar hat. Der angeschlagene Ruf des ehemaligen „Helden von Yokohama“ hat nicht nur Auswirkungen auf sein eigenes Leben, auch Adachi und Nanba verlieren ihre Jobs bzw. bekommen ihre Kredite gestrichen. Zugleich erfahren die drei, dass der Seiryu-Klan, der bereits eine Rolle in Yakuza: Like A Dragon und zuletzt Like A Dragon Gaiden spielte, damit begonnen hat, die gestrandeten Ex-Yakuza von Izasaki, Ijincho zu versammeln – Sie beschließen dem dubiosen Treiben auf den Grund zu gehen und den Sitz des Klans zu infiltrieren: Im Hauptquartier des Seiryu-Klans treffen sie auf den kommisarischen Captain Masataka Ebina, der ihnen eröffnet, dass er den gestrandeten Ex-Yakuza der Stadt eine legale Arbeit in einer Abfallentsorgungsanlage, die aber tatsächlich ein kostspieliges, abgesichertes Aufbewahrungslager für heikle Objekte sei. Ebina plant im Zuge dessen die zweite „große Auflösung“, welche die verbleibenden Yakuza-Splittergruppen ebenfalls ad acta legen soll.

Zugleich gibt es ein sehr unerwartetes Wiedersehen mit einem altbekannten Charakter: Dieser offenbart Ichiban Kasuga, dass Akane Kishida, die Geliebte von Ichibans altem Patriarchen Masumi Arakawa und Ichibans leibliche Mutter nicht etwa tot oder verschollen sei, sondern tatsächlich in Honolulu auf Hawaii lebt. Er bittet ihn darum, sie aufzusuchen.

Da Ichiban ohnehin ein kleines Tief hat, und ihn akut wenig in Yokohama zu halten vermag, beschließt er der Bitte nachzukommen und erstmalig Japan zu verlassen.

Hawaii: Ein unparadiesisches Idyll

Ichiban Kasuga ist trotz seines Namens („Ichiban“ steht für „Der Erste; Der Beste, „Kasuga“ für Frühjahr) ein zwar lebensfroher, daueroptimistischer Mensch, der aber das Unglück anzieht wie kein anderer. Und so verlaufen auch die ersten Schritte im jüngsten US-amerikanischen Bundesstaat eher holprig – Nach einer anfänglich netten Flugzeug-Bekanntschaft mit dem im Rollstuhl sitzenden Eiji, wird Ichiban aber recht schnell mit den eher schäbigen Seiten des polynesischen Insel-Idylls konfrontiert. Direkt zu Beginn von einem listigen Taxifahrer überfallen, ist es schließlich Eiji der wider Erwarten Schlimmeres verhindert.

Und auch die Suche nach Akane ist trotz Adresse nicht ganz so einfach: Denn dort treffen wir nicht etwa auf unsere Mutter, sondern auf Chikose Fujinomiya, eine junge Frau, die sich als Akanes Haushalthilfe und Austauschstudentin vorstellt – mit uns den Abend verbringt, uns im Zuge dessen aber unter Drogen setzt, unseren Reisepass entwendet, und uns nackt am Strand von Honolulu City aussetzt. Ein famoser Start für good, ol‘ Ichi also.

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Vermeintliches Paradies: Doch auf Hawaii dürfen wir uns mit korrupten US-Cops wie Roman rumschlagen © SEGA

Das FKK-Intermezzo konfrontiert den hoffnungslos verpeilten, und nun leider auch dokumentlosen Ichi mit korrupten US-Polizisten, die ihn wegen „unsittlichen Benehmens in der Öffentlichkeit“ vernehmen, ihm dann aber auch noch diverse andere Straftaten ans Bein binden wollen. Nach einer eher undiplomatischen Flucht aus der Polizeiwache, wird Ichiban überraschend von Kazuma Kiryu aufgelesen, der als Daidoji-Agent auf der Insel eingesetzt wird. Das Schicksal der beiden sehr unterschiedlichen, und doch irgendwie ähnlichen Charaktere überschneidet sich, als sie merken, dass auch Kiryu im Auftrag der Daidoji nach Akane suchen soll. Und offenbar sind sie nicht die einzigen, denn im Verlauf der Suche treffen sie auf das Amerikanisch-Japanische Yamai Syndikat, bis ins Mark korrupte Cops, die mächtige Gang der Barracudas sowie die chinesische Ganzhe Mafia, die aus unerfindlichen Gründen ebenfalls auf der Suche nach Ichibans Mutter sind. Kazuma Kiryu indes trägt ein schwerwiegendes offenes Geheimnis mit sich herum… denn er ist an Krebs erkrankt, und ihm verbleiben nur wenige Monate zu leben.

Ausufernde Handlung, die viel Aufmerksamkeit verlangt

Die anfängliche Prämisse von Ichibans Suche nach seiner leiblichen Mutter artet wie so oft in der Like A Dragon-Serie in einen sehr expansiven Handlungsrahmen aus.

Wie schon der Vorgänger (Yakuza: Like A Dragon) vermengt Infinite Wealth pathosgeschwängertes Unterwelts-Melodram, komplexen Polit-Thriller und Charakter-Drama miteinander – im Vergleich zu den früheren Yakuza-Brawler-Titeln mit Kazuma Kiryu als Hauptfigur, sind die beiden Rollenspiele der Serie deutlich charaktergetriebener und introspektiver geschrieben. Zwar hatten die früheren Titel auch immer wieder ihre wirklich zutiefst emotionalen Momente, der stoische Kazuma Kiryu blieb aber lange Zeit eine loyale übermenschliche und unnachgiebige Instanz, deren Wertekodex nicht kaputtzukriegen war. Die Menschlichkeit seines Charakters wurde von außen zugeschrieben, von den vielen tragikomischen Figuren in den Substories, von seiner Ziehtochter Haruka, von den Kindern des Morning Glory Waisenhauses, von seinen Mitstreitern wie etwa Goro Majima, Daigo Dojima, Taiga Seaejima etc. pp. – Kurzum: Kazuma Kiryu war durch seine innere und äußere Kraft immer ein Fels in der Brandung für alle Außenstehenden.

Aufgeweicht wurde diese beinahe Superhelden-hafte Schablone erstmalig in Yakuza 6: Song of Life, welches ein bisschen als Abgesang auf dieses Urgestein konzipiert war und wo er sich deutlich verletzlicher zeigen durfte, so richtig dann am Ende vom zuletzt besprochenen Spin-Off „Like A Dragon Gaiden: The Man Who Erased His Name“, wo er sich auf beinahe schmerzhafte Weise von seiner verwundbarsten Seite offenbarte. Kurzum: Das RGG Studio ist im Verlauf der Serie immer mehr dazu übergangen, nachvollziehbare und emotional mitnehmende Charakter-Momente einzuflechten, die weitab von der Formelhaftigkeit des Erstlings liegen. In Infinite Wealth funktioniert Kiryus Krebserkrankung nochmal als Reflexionsgrundlage über sein Leben, sein Verhältnis zu seinen Liebsten und die Frage, wem er eigentlich noch was schuldig ist.

Ichiban Kasuga hingegen ist klar als Anti-These zu Kazuma Kiryu gezeichnet: Ein jovialer (Überlebens)künstler, der sich ein bisschen treiben lässt, stets das Beste in den anderen sieht, aber auch reichlich naiv durchs Leben geht: Hier ist es schön, dass Like A Dragon: Infinite Wealth dem Charakter gerade zu Beginn einen ordentlichen Schub Charakterentwicklung spendiert hat. Ichi ist seit dem letzten Mal sichtlich gereift, und tut es auch im Verlauf der Handlung noch. Als jemand, der sich aufrappeln konnte, bleibt er unnachgiebiger Optimist, weiß aber eben auch um die Schattenseiten des Lebens.

Was Like A Dragon: Infinite Wealth hier so hervorragend inszeniert, ist die Buddy-Action zwischen Kazuma Kiryu und Ichiban – Zwei charismatische Figuren, die aber in ihrer Persönlichkeit enorm unterschiedlich sind, durch ihre grundsätzliche Haltung, aber wechselseitig voneinander lernen.

Abseits dieses narrativen Motivs ist Like A Dragon: Infinite Wealth erzählerisch aber extrem überbordend und erfordert viel Aufmerksamkeit: Da tauchen viele Gesichter aus der Vergangenheit auf, es gibt viele unterschiedliche Interessensgruppierungen, sowohl politische, wie auch religiöse, und natürlich auch reichliche Strippenzieher aus der organisierten Kriminalität – es bleibt aber lange Zeit unklar, worum es eigentlich konkret geht: Akane bleibt lange Zeit ein vages McGuffin. Zwischen den einführenden Kapiteln, die noch in Yokohama spielen, und den ersten Kapiteln auf Hawaii vergehen bereits ordentlich Stunden – Infinite Wealth lässt sich hier ordentlich Zeit mit der Exposition und erzählt sehr behäbig, ohne dass inhaltlich bereits großartige Hinweise auf den späteren Plot geliefert werden.

Hier hätte ich mir gewünscht, dass die Handlung gerade zu Beginn ein wenig zügiger verläuft, oder dass die Plotelemente konsequenter aufeinander zulaufen. Das ist ein Manko, welches ich schon beim Vorgänger so empfunden habe, da aber noch verschmerzen konnte, weil es als Soft Reboot der Reihe mehr Erklärbedarf für sich verbuchen konnte.

Beim kleineren Like A Dragon Gaiden war ich zuletzt beinahe ein bisschen froh, dass die Story deutlich kompakter und leichter zu überschauen ist, wenngleich Basiswissen aus den Teilen 6 und 7 vorausgesetzt wurde. Hingegen sollte man auch bei Infinite Wealth im besten Falle die Vorgänger gespielt haben, denn obgleich Hawaii vom Setting her wie eine klare Zäsur wirkt, verweist das Spiel sowohl auf Ichibans Debüt, als auch auf Gaiden in nicht unwesentlichem Maße.

Abseits davon finde ich es aber ziemlich krass, wie sehr die Leutchen von RGG Studio ihren Kanon beisammenhalten – alles wirkt dann doch ziemlich durchdacht. Like A Dragon: Infinite Wealth wirkt also gleichermaßen meisterhaft erzählt, aber plotwise auch über die Stränge geschlagen.

Heterogene Party

Der Roster an spielbaren Charakteren in Infinite Wealth besteht aus zehn Mitgliedern, wovon wir je 4 in unserer Party haben können – 6 davon kennen wir aus dem Vorgänger – nämlich Ichibans alte Squad bestehend aus dem Medizintechniker Yu Nanba, Ex-Polizist und Fahrlehrer Koichi Adachi, Hostess-Club Betreiberin Saeko Mukoda, dem koreanischen Geomijul-Vize Joongi Han und seiner Chefin Seonhee, sowie Tianyou Zhao, dem früheren Anführer der chinesischen Yokohama Liunmang.

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Der Taxifahrer Eric Tomizawa gehört zu den Newcomern in Infinite Wealth © SEGA

Neu hinzugekommen sind durch den Locationwechsel der Taxifahrer und Kleinganove Eric Tomizawa, die aus dem wohlhabenden Elternhaus geflohene Chitose Fujinomiya und in Anführungsstrichen eben auch Kazuma Kiryu als Freund und Daidoji-Agent.

Die beiden Newcomer Tomizawa und Chitose machen Spaß, weil ihre Geschichten recht wendungsreich sind, und sie den Underdog-Charakter der alten Crew bewahren.

Die wohl düstersten Antagonisten der Seriengeschichte

Infinite Wealth hat zudem den wohl imposantesten Antagonisten-Roster seit Yakuza 0 – Ich will nicht zuviel spoilern, aber meine beiden Highlights waren vor allem Yutaka Yamai von dem gleichnamigen Syndikat. Der blasse Hüne mit seinen tiefen Augenringen, den langen, fettig anmutenden, tiefschwarzen Haaren und dem zu groß wirkenden Mantel wirkt angenehm bedrohlich, und gerade seine geschleppte, sonore Stimme bestärkt diesen Vibe noch. Auch die Tatsache, dass ein Brecheisen sein ständiger Begleiter ist, er also Befürworter roher Gewalt ist, wirkt irgendwie beklemmend.

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Yutaka Yamai ist m.E. ein ziemlich abgründiger Antagonist © SEGA

Mein zweites Highlight ist tatsächlich Bryce Fairchild, der als erster Amerikaner im Franchise eine Widersacher-Rolle einnimmt – Auch der kultistisch anmutende Guru wirkt, ähnlich wie Yamai, deutlich abgründiger als der Otto-Normal-Yakuza-Patriarch aus den Vorgänger-Spielen. Witzigerweise wird der Boss der Barracudas, Dwight, von US-Schauspieler und Grindhouse-Veteran Danny „Machete“ Trejo verkörpert. Den Auftritt empfand ich als ziemlich cooles Cameo.

Rundenbasiertes Rollenspiel mit mehr Dynamik

Das JRPG-typische, rundenbasierte Kampfsystem hat im Vorgänger erstmalig das Brawler-/Beat ‚em‘ Up-artige Gameplay der ursprünglichen Yakuza-Reihe abgelöst, und den inhaltlichen Soft Reboot spielmechanisch radikal umgemünzt. Begründet wurde der Genre-Wechsel damals inhaltlich vor allem mit Ichiban Kasuga’s Liebe zur Dragon Quest-Spielserie, und seine kindlich-kreative  Interpretation der Welt. Aber auch das Rollenspiel Party-Prinzip hat sich vor allem daraus gespeist, das der gutmütige Ichiban im Gegensatz zu einem Kiryu vor allem in der Gemeinschaft aufblüht – Yakuza: Like A Dragon zelebrierte die Underdogs der Gesellschaft als Rollenspiel-Helden, die über das umfangreiche Job-System (das Äquivalent zum Klassen-System anderer Rollenspiele) unterschiedliche Funktionen in der Party („Heiler“, „Tank“) erfüllen konnten, und die in parodistischer Manier ebenfalls Fähigkeiten und Beschwörungen tätigen konnten wie in einem Final Fantasy. Die zahlreichen Halbstarken und kriminellen Widersacher Yokohama’s wurden in Ichibans Wahrnehmung zu allerlei seltsamen Kreaturen und Gestalten. Das alles hat schon im Erstling ziemlich gut geklappt, die Yakuza-Formel wurde erstaunlich gut ins neue Genre transportiert. Trotzdem gab es auch ein paar Mankos: Die Gegner konnten frei um die Party tänzeln, die Kollisionsabfrage und Wegfindung beim Anwählen eines Widersachers fiel aber gerne etwas holpriger aus. Trotz des per se coolen Jobsystems, und sich damit ändernder Fähigkeitensets, mit denen man taktieren durfte, fiel der siebte Teil ob seines gewaltigen Umfangs allerdings noch recht repetitiv aus, zumal es definitiv Kämpfe gab, für die man ordentlich grinden musste.

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Und ja, auch gegen einen verdammten Riesenhai wird gekämpft. Das Kampfsystem ist wesentlich dynamischer als im Erstling © SEGA

Hier sehe ich bei Infinite Wealth erhebliche Verbesserungen: Obgleich das Fundament des Vorgängers bleibt, und wir weiterhin eine Party von bis zu vier Charakteren zur Verfügung haben, fühlt sich die Wegfindungs-KI der Mitstreiter*innen und der Gegner gefühlt deutlich cleverer an, das Ausnutzen der Umgebung – etwa unter Zuhilfenahme von Trademark-Objekten wie Fahrrädern – hat wesentlich mehr Flow. Außerdem gibt es nun einen erhöhten Bewegungsradius, in welchem wir uns in den Kampf-Aralen frei bewegen können – dadurch können wir unsere Party zumindest im gewissen Umfang taktisch klug positionieren, um entweder Nähe zu den Gegnern für entsprechende Boni aufzubauen, sie von hinterrücks anzugreifen, oder beim Angriff sich in der Nähe befindliche Objekte aufzunehmen. Auch können wir die Position unserer Party so anordnen, dass wir Synergien bilden und verschiedene Angriffs-Combos, Kettenangriffe, Follow-Up Attacken und über das ausgefüllte Hype Meter initiierte „Tag Team“-Aktionen starten können. Dieses System erinnert an Taktik RPGs wie zuletzt etwa Persona 5 Tactica. Nervig ist m.E. nur, dass man für Team-Heilungs-Skills ebenfalls im Radius der Partymitglieder sein muss. Hier hätte das Spiel etwas komfortorientierter sein dürfen.

Das Job-System findet auch in Infinite Wealth Anwendung – durch die Möglichkeit der Vererbung von Fähigkeiten (auch hier fühle ich mich an Persona erinnert), können die Klassen aber extrem stark individualisiert werden. Hier macht es auch durchaus Laune, sich mit den vielfältigen Optionen auseinanderzusetzen, um möglichst effiziente Builds zu bauen.  Eine kleine woke Kritik: Wie so oft in japanischen Produktionen, und auch spezifisch der Yakuza-Reihe, bleiben unnötig sexistische Elemente nicht aus: Die Jobs bringen nämlich widersinnige Gender-Locks mit, die Geschmäckle haben: Während die männlichen Charaktere positiv konnotierte Jobs wie Action-Star oder Surfer annehmen können, sind die Jobs der Frauen auf eher lüsterne oder devote Rollen ausgelegt: Haushälterin, Idol, Domina – der wohl progressivste weibliche Job dürfte die Kunoichi, also ein weiblicher Ninja, sein.

Eine Sonderrolle nimmt der gute alte Kiryu ein: Sein primärer Job bleibt im Grunde fix (obwohl auch veränderbar) – er ist der legendäre „Drache von Dojima“ – als solcher kämpft er in Infinite Wealth durchgängig mit nackten Fäusten und kann nicht mit Waffen ausgerüstet werden. Dafür ist seine Kampfkraft immens hoch. Das coole ist, dass er dieselben Kampfstile mitbringt, wie in Yakuza 0: Das heißt, wir können zwischen dem Rush-, Beast– und Brawler-Modus hin- und herwechseln. Der Rush-Style setzt auf schnelle Abfolgen des Basisangriffes, mit dem Beast-Modus können wir Grappling-Moves verwenden, und Verteidigungen der Widersacher brechen, ohne eigens dafür MP zu verbraten. Infinite Wealth transportiert Kiryus Persönlichkeit und übermenschliche Kampfkraft ziemlich hervorragend in das rundenbasierte Format: Gleichzeitig führt er aber auch eine spielmechanische Ko-Existenz neben dem restlichen Roster: Er ist partiell so überpowert, dass es sich anfühlt, als würde man mit ihm ein anderes Spiel spielen. Das geht soweit, dass man mit Kiryu partiell aus dem rundenbasierten Korsett rausbrechen kann, und die Gegner in altbewährter Brawler-Manier zusammenkloppen kann. Das ist also keinesfalls als Kritik zu verstehen, sondern trägt vielmehr zur inhaltlich-spielmechanischen Kontinuität bei.

Like A Dragon: Infinite Wealth zeigt im Grunde, wie dynamisch rundenbasierte Rollenspiel-Action anno 2024 aussehen kann. Ich bin gespannt, in welche Richtung sich das RGG Studio in diesem Bereich weiterentwickelt.

Eine Fülle an Geschichten, Referenzen…

Wie schon in vergangenen Yakuza- und Like A Dragon-Haupttiteln, gibt es auch hier eine Fülle an Sub Stories, die mal dramatisch, mal interessant und manchmal auch einfach urkomisch und skurril ausfallen. 52 gibt es hier an der Zahl, die in Einzelfällen auch an bestimmte Mini-Games gekoppelt sind. Da gibt es dann etwa eine putzige Story, in der eine High School Schülerin dem Schwarm ihre Liebe gestehen will, und dafür auf eine passende Gelegenheit wartet. Tollpatschig, wie Ichiban manchmal ist, sabotiert er ihr Geständnis versehentlich – Als Entschuldigungsgeste soll Ichi nun die Botschaft in Form eines Briefes an den Jungen namens Tanabe übermitteln. Gar nicht so einfach, denn dieser ist Teil einer Fotoaktion am Strand, in der er und seine männlichen Klassenkameraden bis zum Hals im Sand eingebuddelt für die Kamera „posieren“. Wir müssen also auf Basis einer Beschreibung des Mädchens den passenden Jungen ausfindig machen, um das zarte Glück gedeihen lassen zu können. Bei einer anderen Substory müssen wir einem Rockstar dabei helfen, einen Sturm für ein Musikvideo zu entfachen, um das Meer zum Tosen zu bringen. Dafür bedienen wir uns vermeintlich schamanischer Unterstützung. Gänzlich neu ist etwa das „Radio“, das als Teil einer Sub Story, verfügbar wird – hier können wir selbst zusammengestellten Playlists und Radio Shows lauschen, was beinahe ein bisschen Grand Theft Auto-Vibes gibt. Ziemlich witzig fand ich die Referenz auf Shenmue, wo ein Radio Moderator von einem Typen erzählt, der ihn mitten auf der Straße angequatscht hätte, ob er wisse, wo sich die Matrosen in der Stadt befänden. Das ist natürlich eine klare Anspielung auf unseren alten Kumpel Ryo Hazuki und die Serie, die häufig als spirituelles Fundament der Like A Dragon genannt wird. Doch Like A Dragon enthält nicht nur diverse popkulturelle Anspielungen, sondern ist vor allem sehr selbstreferenziell: Immer wieder tauchen Charaktere auf, die man aus Sub Stories früherer Spiele kennt. Die größten nachhaltigsten Sub Stories sind aber immer mit konkreten Mini Spielen verknüpft, auf die im nächsten

… und beinahe lächerlich ausufernden Mini Games

Auch bei der Fülle an ausufernden Mini Games war die Like A Dragon-Reihe immer verdammt groß: Man erinnere sich an „Ichiban Pralinen“ aus dem Vorgänger, eine gar nicht mal so unkomplexe Wirtschaftssimulation, in der Ichiban einer beinahe insolventen Pralinenmanufaktur unter die Arme greifen musste, um diese wieder an die Spitze zu bringen. Mit „Dragon Kart“ hatte man im selbigen Spiel eine waschechte Fun Racer-Parodie auf Mario Kart untergebracht, in Yakuza 0 und Kiwami 2 gab es die Cabaret-Management-Games und dann gab es ja noch die Pocket Circuit  Racer aus Yakuza 0, Kiwami und zuletzt LaD Gaiden: The Man Who Erased His Name. Die Spiele in den Spielen waren nicht selten

Like A Dragon: Infinite Wealth treibt das Ding aber nochmal auf die Spitze: Mit Dondoko Island ist einfach mal ein ganzes Animal Crossing-artiges Cozy Game integriert, das auf einem Hawaiianischen Müll-Eiland spielt, das wir sukzessive in ein 5-Sterne-Resort verwandeln müssen. Der Modus wird ab Kapitel 6 freigeschaltet und ist weitgehend vom normalen Spielbetrieb abgekoppelt – Es gibt eine separate Währung (Dondoko Bucks) und eine eigene Zeitrechnung – ca. 15 – 20 Minuten entsprechen hier einem In-Game-Tag. Hier besteht der Gameloop aus dem Sammeln von Müll, Insekten, dem Fischen sowie dem Verjagen einer Schmutzfink-Piraten-Gang mittels basalem Kampfsystem und dem Craften von Gebäuden und Objekten aus dem gesammelten Abfall. Um unsere Sterne zu bekommen, müssen wir über den Ausbau der Insel spezifische Zufriedenheits- und Popularitätsziele erreichen. Allein in diesem ziemlich befriedigenden Loop kann man ordentlich viel Spielzeit versenken – nicht zuletzt lässt sich auf diese Weise enorm viel Kohle für das Hauptspiel generieren, denn die Dondoko Bucks lassen sich relativ problemlos in US-Dollar verwandeln. Zudem ist Dondoko Island an ein anderes Mini Game geknüpft: Denn die aus Yakuza: Like A Dragon bekannten Sujimon kehren auch in Infinite Wealth zurück.

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Mit Dondoko Island erwartet uns ein waschechtes und ausgewachsenes Cozy Game im Stile eines Animal Crossing © SEGA

Sujimon ist natürlich eine Parodie auf Pokémon – nur dass wir hier nicht niedliche oder mächtige Monster sammeln, sondern skurrile Freaks und Perverslinge. Wie im Game Freak-Vorbild müssen wir unseren Starter wählen, ab dem Zeitpunkt vervollständigen wir unseren Sujidex, können Sujimon in entsprechenden Raids für unser Team rekrutieren, indem wir ihnen Geschenke und Wertschätzung offerieren, gegen andere Sujimon-Trainer antreten, die Sujimon entwickeln und Sujimons aus Gacha-Automaten bekommen. Kurzum: Der komplette Sujimon-Part des Spiels persifliert auf wunderbar absurde Weise das Nintendo Franchise. Die Verknüpfung mit Dondoko Island ist clever gemacht, denn ab einem gewissen Zeitpunkt schalten wir im Animal Crossing-Verschnitt eine Farm frei, wo wir unsere Sujimon gemäß ihrer Affinitäten ackern lassen können.

Die irrwitzigen Weirdos sind auch Teil eines weiteren Mini Games: In Infinite Wealth gibt es als Transport-Mittel feste Trolleybus-Linien, die Stationen miteinander verbinden. An einigen lässt sich der Sicko Snap-Modus spielen – eine weitere Referenz auf einen Pokémon-Titel – denn die Fotosafari, bei dem wir vom Trolley aus griffige Schnappschüsse von exhibitionistischen Sujimons in freier Wildbahn machen müssen, ist ganz klar an Pokémon Snap angelehnt.

Ansonsten gibt es serientypisch Spielhallen (auf Hawaii natürlich keine Club Sega-Filialen) mit emulierten Klassikern, dieses Mal sind Virtua Fighter 3tb, das Angelspiel SEGA Bass Fishing und die vom RGG Vorläufer Amusement Vision entwickelte Model 3-Spielhallen-Klopperei SpikeOut.

Auch andere LaD Mini Game-Essentials sind mit dabei: Die rhythmusbasierten Karaoke-Spielchen, Batting Cages, Darts und eine ganze Reihe an Glücksspiel-Aktivitäten kehren selbstredlich auch in Infinite Wealth zurück. Zusätzlich gibt es ebenfalls aus den Vorgängern bekannte Angel-Games, die „Dolls & Devils Playhouse / „Lin Lin Hostess Bar“-Cabaret-Micro-Management Sims, sowie die aus Yakuza: Like A Dragon bekannte Dosen-Sammel-Quest, bei der wir mit einem Gefährt in einem bestimmten Zeitraum Dosen aufsammeln müssen, bevor uns rabiate Konkurrenten mit ihren Vehikeln rammen.

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In Crazy Delivery müssen wir innerhalb eines Zeitlimits möglichst spektakulär
Essen ausliefern – eine witzige Hommage an die hauseigene Crazy Taxi Reihe © SEGA

Weitere komplett frische Highlights sind einmal das an Crazy Taxi angelehnte Crazy Delivery, in welchem wir möglichst spektakulär Essen auf unseren Bikes ausliefern müssen sowie Miss Match, wo wir den Beta-Test für eine lokale Tinder-artige Dating-App machen.  Like A Dragon: Infinite Wealth ist allein von den extrem zahlreich vertretenen Aktivitäten ein regelrechtes Content-Monster, welches sogar den inhaltlichen Koloss Yakuza 5 schlagen könnte.

Im Übrigen bewegen wir uns auf den großen Maps mittels neuer und klassischer Transport-Wege: Neu sind die besagten Trolleybusse, sowie die Segway-artigen Gefährte, die wir im Rahmen einer Sub Story erhalten, die mit einer bequemen Autopilot-Funktion ausgestattet sind, aber regelmäßig an den entsprechenden Stationen gegen Geld aufgeladen werden müssen. Ansonsten gibt es die klassischen Taxi-Schnellreisepunkte auf der weitläufigen Karte.

Wunderschöne Visuals mit entspanntem Urlaubs-Flair

Grafisch ist Like A Dragon: Infinite Wealth erstmal ein typischer Vertreter der Reihe und setzt weiterhin auf die proprietäre, hauseigene  Dragon Engine: D.h. wir haben eine sehr verdichtete, belebte Kulisse, die vor unglaublich vielen Details strotzt und mit nahtlosen Übergängen zwischen Innen- und Außenräumen überzeugt. Wir haben gerade bei den Hauptfiguren sehr realitätsnahe, expressive Gesichtsanimationen,  und auch die Lauf- und Bewegungsanimationen sehen schön dynamisch aus. Gleichermaßen muten die vielen individuell gestalteten NPCs aber gerade im unmittelbaren Vergleich immer etwas detailarm und hüftsteif an.  Klar, die Assets werden bei der schieren Menge irgendwann auch marginal individualisiert, aber das ist etwas, was sich durch die Serie zieht und eben auffällt.

Infinite Wealth wirkt visuell aber doch nochmal wesentlich opulenter als die Vorgänger. Das liegt zum einen an Hawaii als Location selbst: Das weitläufige Honolulu City arbeitet mit saftigen, knalligen Farben und Helligkeitswerten – wodurch die dynamischen Schattenwürfe und Tag/Nacht-Wechsel im Spiel umso beeindruckender wirken. Auch die Innenräume sind in Infinite Wealth signifikant besser ausgeleuchtet. Die wunderschönen Strandabschnitte (Ichiban kann nun auch vollwertig schwimmen gehen), die riesigen Hotelareale, die heruntergekommenen Barracken in District 5, die palmengesäumten Promenaden oder die polynesisch anmutenden, pulsierenden Barviertel – Das Setting setzt ganz klar frische Impulse. Es macht auch schlicht Spaß, auf dem Segway durch die Gegend zu fahren, und sich von den Eindrücken berieseln zu lassen. Durch die Offenheit der Areale fühlt sich auch alles so an, als gäbe es mehr Weitsicht als in den japanischen Großstädten, die mit deutlich weniger offenen Sichtachsen aufwarten.

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Das Segway-ähnliche Gefährt ist eine Möglichkeit sich durch das wunderschön gestaltete Honolulu City fortzubewegen © SEGA

Zudem gibt es eine optische Neuerung in Form eines dynamischen Wettersystems: So kann es immer wieder passieren, dass wir in einen Regenschauer oder einen kleineren Sturm geraten, was visuell ganz hübsch anmutet. Last but not least positiv erwähnenswert ist die UI, die a) entschlackter daherkommt, als noch im Vorgänger, und b) künstlerisch deutlich cooler gestaltet wurde. Auch hier bekomme ich leichte Persona 5-Vibes.

Die optische Seite von Infinite Wealth kann sich also trotz betagter Engine sehen lassen – Grafisch ist der achte Teil mit Abstand der schönste Teil der Reihe, und vermittelt trotz manch beklemmender Inhalte ein wohliges Urlaubs-Feeling.  Gerade im Vergleich zu den beiden jüngsten Titeln Ishin! und Gaiden: The Man Who Erased His Name ist das Ding schauwertetechnisch nochmal ein ganz großer Schritt nach vor. Für mich ist Infinite Wealth zudem ein Beweis dafür, dass RGG Studio gerne an der Dragon Engine festhalten, und die Engine weiterentwickeln sollten – denn das Spiel läuft technisch absolut sauber auf der PlayStation 5 und hat sich seit Yakuza 6 extrem positiv weiterentwickelt.

Tolles Sounddesign

Ein stimmiger Soundtrack und qualitativ hochwertiges Sounddesign sind immer schon Aushängeschilder der Reihe gewesen, und auch Infinite Wealth kann hier durchweg punkten. Die urbanen und maritimen Soundscapes passen hervorragend, der Score untermalt die mal ernsten, mal klamaukigen Szenen immer passend. Und auch die trademarkigen Voice Actor machen in der japanischen Fassung einen durchweg hervorragenden Job. Ich muss gestehen, ich könnte einfach nicht auf Takaya Kuroda als Kiryus Stimmgeber verzichten. Die englische Synchro soll tatsächlich ordentlich ausfallen, und wartet immerhin mit den Original Stimmen von Danny Trejo und dem koreanischstämmigen US-Schauspieler Daniel Dae Kim auf.

Fazit:

Like A Dragon: Infinite Wealth ist für mich ein ziemlich früher GotY-Anwärter des noch jungen Spieljahres 2024. Als Rollenspiel hat Infinite Wealth sich konsequent gegenüber dem Vorgänger verbessert und zeigt, wie dynamisch rundenbasierte JRPG-Mechaniken 2024 aussehen können. Das freiere Movement der Partymitglieder in den Kämpfen und die starke Relevanz der entsprechenden Positionen im Feld, etwa für Tag Team-Aktionen, orientiert sich am Taktik RPG-Genre und wirkt wesentlich weniger statisch als die etwas repetitiven Kämpfe im siebten Teil. Inhaltlich ist Infinite Wealth zudem ein Koloss: Nicht nur ist die Mapgröße von Honolulu City gigantisch, auch die Bandbreite an Aktivitäten und Mini Games ist immens: Dondoko Island ist einfach ein kompletter, fucking Animal Crossing-Verschnitt im Spiel, Sujimon persifliert das ganze Pokémon-Franchise, Crazy Delivery ist eine Hommage an Crazy Taxi, nimmt aber die ganze aktuelle Lieferdienst-Kultur aufs Korn und dann haben wir basically noch fast alle Mini Spielchen, die jemals Teil eines Yakuza-/Like A Dragon-Titels waren. Kurzum: Man kann locker gut und gerne eine Spielzeit im dreistelligen Bereich in dem Ding versenken. Die Haupthandlung ist gewohnt expansiv und reich an Plottwists: Die Suche nach Ichibans leiblicher Mutter als McGuffin entpuppt sich nach reichlich behäbigem Einstieg als komplexes Ding mit zahlreichen Akteuren und Interessengruppen, das ebenso in der kriminellen Unterwelt Hawaiis und Japans verankert ist, wie auch in der politischen Landschaft. Mit Yutaka Yamai und Bryce hat man zudem zwei recht abgründige Antagonisten geschaffen. Trotz Szeneriewechsel ist Infinite Wealth inhaltlich aber nicht bedingungslose Zäsur, sondern setzt durchaus Vorwissen voraus. Ich empfehle also tatsächlich, wie schon in der Besprechung zu LaD Gaiden, die Vorgänger gespielt zu haben, um gerade beim Einstieg nicht ganz verloren zu sein. Audiovisuell ist der achte Teil der schönste der Reihe – Honolulu City vermittelt wohliges Urlaubsflair und die Dragon Engine lässt hier nochmal trotz ihres Alters die Muskeln spielen. Bleibt zusammenfassend zu sagen: Jeder, der mit der Reihe oder mit JRPGs was anfangen kann, sollte hier zuschlagen. SEGA und RGG Studio haben mit Infinite Wealth ein kleines Rollenspiel-Meisterwerk geschaffen.

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Like A Dragon: Infinite Wealth [PlayStation 5]

Like A Dragon: Infinite Wealth [PlayStation 4]

Like A Dragon: Infinite Wealth [Xbox One/Xbox Series S|X]

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Like A Dragon: Infinite Wealth [PC]

 

 

 

 

Like A Dragon: Infinite Wealth [PlayStation 5]

Grafik - 8.6
Story - 8.5
Technik - 8.5
Umfang - 10
Spielspass - 9.3

9

Like A Dragon: Infinite Wealth ist ein früher GotY Anwärter im noch jungen Spielejahr 2024. Inhaltlich ein Koloss, wurde das Rollenspiel-System konsequent verbessert. Absolute Empfehlung!

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