Ninja-Robos mit Katanas im Neonlicht gehen immer. Das beweist nicht nur der aktuelle Cyberpunk-Hype sondern auch das Vorgängerspiel, das bei der Presse ziemlich gut ankam. Ob Ghostrunner 2 als das langersehnte Sequel des Geheimtipps anknüpft oder ob dem Robo der Saft abgedreht gehört, erfahrt ihr in unserer Rezension.
Dystopie-Einerlei als Grundlage für das Cyber-Geschnetzelte
Nachdem die Spieler im ersten Teil mit dem Keymaster den großen Bösewicht und Unterdrücker der Einwohner der dystopischen Megastadt im Turmformat Dharma Tower aus dem Weg geräumt und damit eigentliche Freiheit für die Bewohner geschaffen haben, geht es nur ein Jahr später erneut in die Untiefen (oder doch eher Höhen?) der Stadt. Das Machtvakuum will schließlich gefüllt werden und dazu fühlen sich auch gleich mehrere Gangs berufen.
Um das zu stoppen wurde die, angemessen cyberpunking benannte, Interface Council gegründet und die Spielenden sind natürlich Teil davon. Hier hört die Story dann eigentlich auch weitgehend auf, viel Tiefer geht es nicht. Dazu werden die Storysequenzen in drögen Standbildern in einem ziemlich austauschbaren Comicstil präsentiert und laden so nicht unbedingt dazu ein gebannt vor dem Bildschirm zu hängen. Müssen sie aber auch nicht, Ghostrunner nutzt seine Story ohnehin nur für das Setting und als rechtfertigung für wilde Parkoursprünge mit dem Katana in der Hand und das ist auch okay so.
Super Meat Boy im Cyberlook
Vielleicht liegt es am recht geringen Budget der Entwickler, vielleicht ist es aber auch eine bewusste Entscheidung, in jedem Fall fokussiert sich Ghost Runner 2 auf genau einen Aspekt und bleibt ihm treu: Blitzschnelle Action mit wenig Toleranz für Spielfehler. Anders als der Großteil der aktuellen Spielewelt gibt es hier keine mehr oder weniger gut gelungene Open World sondern in eher schlauchigen Passagen, die teilweise fast an Railshooter erinnern eben direkt aufs Fressbrett. Der Gameplayloop mag nicht besonders innovativ sein, aber gerade durch seine Stringenz zieht er die Spieler in den Bann und lässt geneigte Spieler fast in einen meditativen Flow geraten, wenn man sich durch Gegnerhorden hastet, gleichzeitig Luftsprünge und Wallruns vollführt und dabei alles versucht um am Leben zu bleiben. Die Bewegungen des Protagonisten sind geschmeidig und reagieren meistens präzise auf die Eingaben des Spielers. Zumindest auf der Konsole merkt man an der Steuerung irgendwie, dass das Game eigentlich ein Budgettitel ist. Für so ein schnelles Gameplay ist die Steuerung etwas steif und nicht jeder Sprung sitzt genau so, wie man es sich eigentlich wünschen würde.
Das Parkour-System ermöglicht es, sich nahtlos durch die Umgebung zu bewegen, was nicht nur cool aussieht, sondern auch für ein dynamisches und energiegeladenes Gameplay sorgt. Jeder Sprung, jede Ausweichbewegung und jeder Angriff muss sitzen und fühlt sich bei Erfolg auch total befriedigend an, nicht zuletzt auch, weil die Gegner nach ein paar Katanahieben in ihre Einzelteile zerlegt werden und so ein reichlich sattes Trefferfeedback geben. Ist sicher nicht für jeden, aber mir macht das aus irgendeinem Grund immer Spaß. Aber der Ghostrunner ist nicht nur selber eine effiziente Killermaschine, sondern genauso Kanonenfutter für seine Gegner und stirbt bei jedem Treffer. Und das passiert sau oft. Hier zeigt sich dann ziemlich früh, dass das Game nicht für jeden Spieltyp geeignet ist. Ich bin soulserprobt und habe auch gerne Super Meat Boy gezockt, somit also die beiden Spiele, die im Mixer Ghostrunner ergeben. Die fand ich aber beide nicht so frustig, denn neben den an sich schon schwierigen Elementen des Jump & Runs kommt eine Art Bullet Hell Feeling auf, weil man als Spieler sofort den Löffel abgibt und dann den Abschnitt neu starten muss. Fairerweise haben sich die Entwickler bei dem Nachfolgerspiel für ein scheinbar spielerfreundlicheres Rücksetzpunksystem entschieden, mir verging aber nach ein paar Versuchen ziemlich schnell die Lust.
Die Gefechte halten den Spieler ständig auf Trab, da er sich in einer Welt bewegt, die niemals zur Ruhe kommt und bei Gelingen ist das Erlebte ziemlich intensiv. Aber auch nur so lange, bis man den selben Abschnitt immer wieder machen muss, um endlich weiterzukommen. Für so ein schnelles Spiel nimmt mir das Sterben und Neuanfangen zu viel Flow aus dem Spiel.
Technischer Feinschliff
Positiv sticht vor allem die Synthwave-Musik heraus, die perfekt zu den futuristischen und düsteren Elementen des Cyberpunk-Genres passt. Die musikalische Begleitung in „Ghost Runner 2“ ist nicht nur passend, sondern trägt auch dazu bei, die Atmosphäre und den Artstyle des Spiels noch stärker zu betonen und ist so ein integraler Bestandteil des Spielerlebnisses. Der harte Rhythmus treibt dabei die Spielenden an und nimmt sie gleichzeitig ein wenig an die Hand, denn langsamer als die Mucke darf man als Cyberninja auch nicht werden, sonst war´s das mit der Schnetzelei.
Ebenso geschliffen wurde an der Neugestaltung des Fertigkeitssystems in „Ghost Runner 2“. Im Vorgänger gab es noch ein unübersichtliches und scheinbar von Tetris-inspiriertes System, das jetzt einem schlanken und etwas langweiligerem Skilltree gewichen ist. Im Vergleich zu einem ausgereiften Rollenspiel ist die Vielseitigkeit begrenzt, und die Neuerungen im Fernkampfbereich bringen nicht wirklich Unmengen an taktischer Tiefe. Die Modernisierung fühlt sich eher oberflächlich an und trägt nicht wesentlich zur Komplexität des Spiels bei, sorgt aber doch für etwas mehr Spieltiefe und Abwechslung. Abwechslung scheint generell eine der Stellschrauben zu sein, an der die Entwickler für ihren Nachfolger drehen wollten. Denn es gibt Bossfights in denen ihr gegen die einzigen Gegner antretet, die man nicht mit einem Treffer abräumen kann. Da man selber weiterhin extrem fragil ist, sind diese Fights besonders spannend. Ebenso neu sind die neuen Aussenareale, denn man ist in Ghostrunner 2 erstmal in der Lage die dystopische Turmwelt zu verlassen um ein wüstenartiges Biom zu betreten. Optisch sorgt das für eine kleine Abwechslung, die das Worldbuilding erweitert. Spielerisch ändert sich dadurch aber wenig. Abgesehen vom neuen Motorrad mit dem man in rasender Geschwindigkeit durch die ziemlich linearen Level rast. Das Fahrzeug nutzt man nicht nur als eine Art Taxi, dass den Spieler von A nach B bringt, sondern webt es auch konsequent in den Kampf mit ein. Auch auf dem Zweirad wird herumgeballert und geslided, was das Zeug hält.
Wem das alles nach der Kampagne noch nicht reicht, der kann in einem neuen Spielmodus sein Glück versuchen, der an ein Roguelite erinnert. Die Idee ist eigentlich ganz nett, aber das Gameplay wird hier nicht neu erfunden und gibt einem eigentlich nur noch mehr vom Bisherigen. Wem´s gefällt, dem gefällts, aber für mich war da ziemlich schnell die Luft raus.
Fazit
Story - 6.5
Grafik - 8
Technik - 8
Spielspaß - 7
7.4
Spiele in Cyberpunksettings gibt es mittlerweile so viele, dass ich langsam übersättigt zu sein scheine. Das Spiel hat trotz dem Standardsetting eine ganz eigene Spielweise, die eher an Geschicklichkeitsspiele und Jump & Runs, als an Egoshooter erinnert. Wer damit was anfangen kann, der findet hier bestimmt solides Futter. Mein Ding ist´s aber leider gar nicht.