Microsoft gewinnt den Wirtschaftskrimi gegen die FTC und darf laut US-Gericht Activision-Blizzard übernehmen

Es war beinahe eine witzlose Farce, die nun ein Ende gefunden hat: Microsoft musste sich im Bestreben, den Activision-Blizzard Deal durchzubringen, gegen die US-amerikanische Wettbewerbsaufsichtsbehörde FTC (Federal Trade Commission) behaupten, nachdem die Wettbewerbsbehörden anderer Staaten dem Deal bereits weitgehend zugestimmt hatten. Nach fünf Tagen voller zermürbender Zeugenaussagen im Kontext einer Anhörung, sowohl vonseiten des Redmonder Tech-Giganten, als auch Vertretern der FTC, hat die kalifornische Richterin Jacqueline Scott Corley nun das vorläufige Schlusswort gesprochen: Microsoft darf die Übernahme von Activision-Blizzard abschließen. Zwar sieht sich der Konzern nach wie vor mit einem laufenden Kartellverfahren der FTC konfrontiert. Nachdem aber die Argumente beider Seite angehört wurden, hat Corley den Antrag der Regulierungsbehörde auf eine einstweilige Verfügung gegen abgelehnt.

Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung der FTC abgelehnt

In einem heute vorgelegten Urteil sagte Corley folgendes:

„Die Übernahme von Activision durch Microsoft wurde als die größte in der Geschichte der Technik beschrieben. Sie verdient eine genaue Prüfung. Diese Prüfung hat sich gelohnt: Microsoft hat sich schriftlich, öffentlich und vor Gericht verpflichtet, Call of Duty auf der PlayStation 10 Jahre lang auf Augenhöhe mit der Xbox zu halten. Es hat eine Vereinbarung mit Nintendo getroffen, um Call of Duty auf die Switch zu bringen. Und es hat mehrere Vereinbarungen getroffen, um die Inhalte von Activision zum ersten Mal auf verschiedene Cloud-Gaming-Dienste zu bringen. Die Zuständigkeit des Gerichts in diesem Fall ist eng. Es hat zu entscheiden, ob der Zusammenschluss trotz dieser aktuellen Umstände bis zur Beendigung der FTC-Verwaltungsklage gestoppt – vielleicht sogar abgebrochen – werden sollte. Aus den dargelegten Gründen ist das Gericht der Auffassung, dass die FTC nicht nachgewiesen hat, dass sie sich mit ihrer Behauptung durchsetzen wird, dass dieser spezielle vertikale Zusammenschluss in diesem spezifischen Wirtschaftszweig den Wettbewerb erheblich beeinträchtigen könnte. Im Gegenteil, die vorliegenden Beweise deuten darauf hin, dass die Verbraucher mehr Zugang zu Call of Duty und anderen Activision-Inhalten haben. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird daher ABGELEHNT.“

Richterin Corley stand argumentativ tendenziell auf Seiten der Redmonder und deren Beteuerung, Call of Duty auf der PlayStation anzubieten und den Support gar auf die Nintendo Switch auszudehnen. Obwohl die FTC Microsoft Cloud-bezogene Vereinbarungen anzweifelte, berücksichtigte Corley sie bei der Entscheidungsfindung. Es gab zudem eine Diskussion darüber, ob die Nintendo Switch Teil des regulären Konsolenwettbewerbs sei. Microsoft gab an, dass Nintendo mit der Switch klare Partei innerhalb der Wettbewerbssituation auf dem Markt sei. Die FTC hingegen argumentierte, dass die Hybridkonsole außerhalb dieses Wettbewerbs agiere. Hier hat Corley Microsoft Recht gegeben, aber die Gründe der FTC als berechtigt bezeichnet. Hingegen stimmte Corley mit der FTC überein, dass der Konsolenmarkt nicht etwa den PC miteinschließe.

In einem Statement nach dieser Entscheidung sagte Microsoft-Präsident Brad Smith, das Unternehmen sei „dem Gericht in San Francisco für diese schnelle und gründliche Entscheidung dankbar und hofft, dass andere Gerichtsbarkeiten weiterhin auf eine zeitnahe Lösung hinarbeiten werden.“

Bobby Kotick: Fusion würde Wettbewerb begünstigen

Auch Activision Blizzard selbst hat auf das Urteil reagiert. „Unsere Fusion wird Verbrauchern und Arbeitnehmern zugutekommen“, sagte Bobby Kotick, CEO von Activision Blizzard, in einer Erklärung. „Sie wird den Wettbewerb ermöglichen, anstatt es etablierten Marktführern zu erlauben, unsere schnell wachsende Industrie weiterhin zu dominieren.“

Die britische CMA als Elefant im Raum

Die Entscheidung der Richterin erlaubt es Microsoft nun, die Übernahme von Activision Blizzard vor dem 18. Juli abzuschließen. Allerdings erneut mit einer großen Einschränkung, nämlich nur, wenn das Unternehmen in der Lage ist, die Übernahme in Großbritannien abzuschließen oder wenn die britische Wettbewerbs- und Marktaufsichtsbehörde (CMA) bereit ist, eine Form von Abhilfe auszuhandeln. Die CMA ist neben der FTC die zweite große Wettbewerbsaufsichtsbehörde, die den Deal blockiert. Nach der Blockade der CMA hat Microsoft gegen diese Entscheidung Berufung eingelegt; Hier soll die Anhörung allerdings erst am 28. Juli beginnen. Ursprünglich hatte die CMA mittels eines Antrags versucht, die Berufung von Microsoft zu verschieben. Das Competition Appeal Tribunal (CAT) hat diese Anfrage abgelehnt, da die Anhörung dann erst im Oktober stattfände, was „konträr zu einem gerechten und fairen“ Verfahren wäre.

Die europäischen Aufsichtsbehörden haben im Mai ihr OK für den Dea gegeben. Theoretisch könnte  Microsoft nun ohne Großbritannien und ohne eine einstweilige Verfügung in den USA fusionieren. Das ist jedoch ein denkbar kompliziertes Szenario, weshalb Microsoft und Activision Blizzard ihre Fusionsvereinbarung aller Voraussicht nach verlängern werden, um das Berufungsverfahren der CMA abzuwarten.

FTC lässt das Microsoft-Verfahren vermutlich zugunsten der Meta-Within-Fusion liegen

Die FTC wiederum hat die Möglichkeit, bis zum 14. Juli um 23:59 Uhr (Pacific Time) gegen die Entscheidung von Richter Corley Berufung einzulegen. Es scheint jedoch, dass die FTC ihr Augenmerk nun auf die Within-Übernahme durch den Facebook Konzern Meta  richte, so dass sie zugunsten dieses Berufungsverfahrens das Verfahren gegen Microsoft und Activision Blizzard aufgeben könnte.

Sollte der Gerichtsbeschluss seine Gültigkeit bewahren, wäre dies bereits die zweite große Niederlage für die FTC-Vorsitzende Lina Khan an der Spitze der Behörde. Khan ist seit ihrer Einberufung als Leiterin der Behörde im Jahr 2021 gegen Big-Tech-Unternehmen vorgegangen.

Hobby-Juristen dürfen sich die Verschriftlichung des Urteils hier anschauen: Klick