Comic Review: HORDE – Das erste Zeitalter: Queste vor dem Feste – Gronkhs Comic Debüt im Test

Manchmal ist die Geschichte hinter der Geschichte spannender als das Hauptwerk – und diese Gefahr droht auch Gronkhs erstem ComicHORDE„. Wieso das so ist, liegt insbesondere an der Person Gronkh selbst, denn er ist vermutlich der bekannteste deutsche Youtuber und ein Urgestein der Branche, das muss man kaum jemandem erklären. Außer mir, denn ehrlich gesagt habe ich den Namen schonmal gehört, aber mit Let’s Plays oder gar der Youtube-Community an sich habe ich gar keine persönlichen Berührungspunkte und auch nach wiederholten Versuchen gar kein richtiges Interesse. Dabei liebe ich Videospiele und Pen & Paper-Rollenspiele, ich mach’s nur halt lieber selbst. Und damit bin ich vermutlich überhaupt nicht Teil der Zielgruppe von HORDE, einem Projekt, dass den Fantasienamen auf dem Cover nach, von ziemlich vielen Leuten erstellt und unterstützt wurde. Auf der anderen Seite mag ich Comics im Fantasy-Genre und wenn sie mit Humor aufwarten, dann bin ich dabei. Das ähnlich gelagerte Rat Queens hatte ich vorher auch nicht auf dem Schirm und liebe es trotzdem, also lassen wir etwaige Vorurteile einfach mal liegen und stürzen uns unbefangen ins Abenteuer!

Die dunkelste Kneipe ist besser als der hellste Arbeitsplatz, oder?

Horde beginnt, anders als viele andere Debüts, nicht etwa mit einer mehr oder weniger originellen Origin Story der Helden. Im Gegenteil: Vielmehr ist die Gruppe in diesem Comic bereits als erfolgreiche Party bekannt und eigentlich im Ruhestand und so beginnt das Abenteuer ziemlich bodenständig. Der ziemlich wortkarte Bronko, der scheinbar von Gronkh höchstselbst verkörpert wird, nutzt seine enorme Körperkraft, um seiner Lebensgefährtin Lysatria bei einem Umbau zu helfen. Offensichtlich ist es der Plan der ehemaligen Heilerin, das Heldenleben an den Nagel zu hängen und stattdessen Erfüllung im Ausschank zu finden. Mit dabei sind auch die früheren Begleiter, der Zauberer Willibert und der Schurke Snarph, die bei der Eröffnung der geplanten Kneipe nicht fehlen dürfen. Doch wie so oft im Abenteurerleben wird auch hier klar: Kriegt man eine Abenteurergruppe zusammen, dann kommt das mit dem Abenteuer ganz alleine. Und so auch hier, denn statt großer Feier und vielen Besuchern treffen die Protagonisten vor der Tür auf eine magische Barriere, die nicht nur die Kneipe, sondern gleich das ganze Dorf abschottet. Da man so nicht gut zu Laufkundschaft kommt, krempeln die Helden mehr oder weniger freiwillig die Ärmel hoch und machen sich auf den Weg zur lokalen Dorfhexe Varina, die möglicherweise Ideen für einen Gegenzauber haben könnte.

Slapstick, die gut funktioniert!

Slapstick, der gut funktioniert! @Riva

Liebe auf den zweiten Blick

Auf den ersten Blick sieht der Comic ein bisschen generisch aus: Es gibt einen offensichtlichen, starken Krieger, seinen vermeintlich willigen Love Interest und einen Support Cast, der im richtigen Moment einen Marvel-mäßigen Gag-Oneliner bringt. Doch je weiter man sich einliest, desto mehr fällt auf, dass Horde gar nicht so klischeebehaftet ist. Ich habe zwar nach dem ersten Band noch immer nicht herausbekommen, warum Bronko wie ein Höhlenmensch spricht, aber seine aufrichtige Liebe zu Lysatria, die ursächlich für die Aufgabe seines Abenteurerlebens und letztendlich auch der eigentliche Grund für die Kneipengründung ist, macht ihn spürbar menschlich und nachvollziehbar. Auch Lysatria, die als Heilerin und Schönheit am Anfang eigentlich nur für dusselige Fanservice-artige Szenen einsteht, ist gar nicht die junge Maid, die man retten muss. Vielmehr brennt in ihr eine Abenteuerlust und Selbstaufopferung, die ich ihr nicht zugeschrieben hätte. Willibert wirkt zu Beginn wie so eine Art Leasure Suit Larry, also ein eher peinlicher Schwernöter  – sein Twist aber ist, dass er seine Magie gar nicht so richtig kontrollieren kann, die anderem ihm aber trotzdem beiseite stehen. Die warmherzige Gruppendynamik, die hier inszeniert wird,  zwingt einem die Party praktisch ins Herz hinein. Einzig Snarph bleibt im ersten Band noch im kleptomanischen Stereotyp festhängen, ich bin aber gespannt, ob sich das auch noch zum Besseren wendet! Die Charaktere sind somit wirklich gelungen und tragen das Abenteuer.

Ein Hauch Scheibenwelt, eine Prise Rat Queens und ziemlich viel Shakes & Fidget

Das Gesamtwerk kommt dabei ziemlich stabil daher. Der Comic ist im Riva-Verlag erschienen und die haben sich sichtlich Mühe gegeben. Das Papier ist schwer und hochwertig und bringt so die sehr farbenfrohen Bilder angemessen zur Geltung. Der Artstyle erinnert nicht ohne Grund an Shakes & Fidget, immerhin sitzt der Erfinder hier mit im Boot. Mir persönlich sind die Farben ein bisschen zu offensichtlich digital erstellt, es passt aber zu den übertriebenen Proportionen der Akteure und der Umwelt. Horde mutet so mehr nach Cartoon an, denn nach Graphic Novel, was zwar meinen Vorlieben nicht entspricht, aber durchaus valide ist. Zumal sich der Comic auch zu keinem Zeitpunkt zu ernst nimmt, was sich manchmal nach gezwungenem Gag-Stau anfühlt, manchmal aber herrlich absurd ist und an Terry Prattchets Scheibenwelt-Romane erinnert. Und eine bessere Referenz kann man im Fantasy Genre ja eigentlich kaum haben. Besonders deutlich wird das in der Szene, in der die Party auf einen geschwätzigen Dorfbewohner trifft, der die Gruppe wortwörtlich in seiner Sprechblase begräbt und so den Humor auf einer Metaebene bringt. Diese freche Art von Humor erinnert dabei ein wenig an Rat Queens, meiner Meinung nach die absolute Referenz im Bereich der humorvollen Fantasy im Comicbereich, erreicht aber nie die punkige Tiefe des amerikanischen Comics. Löblich übrigens, dass das Editing astrein ist, da habe ich schon deutlich mehr Stolperer im Bereich der Rechtschreibung bei namhafteren Verlagen erlebt.

Fans der P&P-Vorlage greifen vermutlich eh zu, aber ich würde Horde auch Leuten empfehlen, die, wie ich, kein Interesse an der Vorlage haben – denn es ist schlicht ein echt guter Start! Meiner Meinung nach übrigens auch deutlich unterhaltsamer als die Comics von Critical Role!

Slapstick, der nicht so gut funktioniert! @Riva

Slapstick, der nicht so gut funktioniert! @Riva

Fazit:

Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich ziemlich überrascht wurde! Wie so oft, war ich mal wieder randvoll mit Vorurteilen: Youtuber/Streamer find ich grundsätzlich dubios, ein paar Witze plump und der Anfang wirkt recht generisch. Aber wenn man erstmal reinkommt und merkt, dass die Charaktere viel mehr Tiefe haben, als sie am Anfang vermuten lassen, dann wächst einem die Crew echt ans Herz. Ich für meinen Teil bin sehr gespannt auf den folgenden Teil!

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HORDE - Das erste Zeitalter: Queste vor dem Feste - Band 1

Story - 8
Artwork - 8
Lesespaß - 8.5

8.2

Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich ziemlich überrascht wurde! Wie so oft, war ich mal wieder randvoll mit Vorurteilen: Youtuber/Streamer find ich grundsätzlich dubios, ein paar Witze plump und der Anfang wirkt recht generisch. Aber wenn man erstmal reinkommt und merkt, dass die Charaktere viel mehr Tiefe haben, als sie am Anfang vermuten ließen, dann wächst einem die Crew echt ans Herz. Ich für meinen Teil bin sehr gespannt auf den folgenden Teil!

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