Game Review: The Dungeon Of Naheulbeuk: The Amulet Of Chaos für die Xbox Series X – Taktik mit Augenzwinkern

Nicht jedes Spiel braucht eine Lizenzvorlage oder gar einen aussprechbaren Namen. Das beweist der kleine Geheimhit The Dungeon Of Naheulbeuk des im französischen Lyon beheimateten Artefacts Studios, der nicht nur ein astreines X-Com im Fantasystil hergibt, sondern auch richtig ausgesprochen vermutlich Cthulhu beschwört.

Aber fangen wir mal von vorne an: Wie in jedem guten Rollenspiel stolpert man gleich mit einer ganzen Gruppe in einen Dungeon und wundert sich über den nahezu obligatorischen Gedächtnisverlust. Das klingt abgedroschen, aber DoN (als ob ich mir merken kann, wie man das schreibt…) ist eine astreine Parodie und nimmt jedes Genreklischee aufs Korn. Das geht dann sogar so weit, dass die Charaktere der eigenen Party statt mit einem echten Namen nur als der Ranger, die Magierin oder der Oger angesprochen werden. Und gesprochen wird die ganze Zeit, denn die Crew ist nicht nur komplett plemplem, sondern auch nicht auf den Mund gefallen. Die „Helden“ beleidigen sich gegenseitig, die Gegner oder zur Not auch bloß die Umgebung am laufenden Band und stolpern so von einer Quest zur nächsten, um endlich einen Fluch zu brechen und so dem Dungeon zu entfliehen.

Für die Geschichte spielt man DoN vermutlich nicht, sie erfüllt aber ihren Zweck und gibt dem heimlichen Highlight, den schrulligen Charakteren, eine Bühne um ihren Unfung von sich zu geben und dabei auch gerne mal authentisch derb vom Leder zu ziehen. Dabei ist DoN aber kein Laber-RPG, wie Disco Elysium oder das altehrwürdige Planescape Torment, sondern ein waschechter Dungeoncrawler.

@DearVillagers

X-Com mit Schwertern und Äxten. Das war so ziemlich mein erster Gedanke beim Beginn des ersten Kampfes und da fing auch meine Liebe an. Beginnt ein Kampf darf man seine Truppe erstmal in einer Aufstellungszone positionieren und dabei auch noch schnell einen Heiltrank wegziehen oder die Inventarslots updaten, während man sich schonmal mit der Initiativereihenfolge vertraut macht. Im Anschluss geht es reihum und so ziemlich jeder Charakter, egal ob Gegner oder Spielercharakter, kann in seinem Zug dann eine Bewegungs- und eine Kampfaktion einsetzen. Das muss dabei nicht nur schnödes Zuhauen oder ein Bonus auf die Verteidigung sein, sondern kann auch, eben wie bei X-Com, das einnehmen einer Overwatch-Position sein oder eine der zahlreichen (und selbstgewählten) Spezialaktionen der jeweiligen Klassen sein. Super, denn man fühlt sich als Genrefan sofort heimisch, ohne dass man aus Gewohnheit gelangweit ist. Dabei arbeiten die Helden gut zusammen, denn sie werfen sich nicht nur ständig Blödsinn an den Kopf, sondern können sich durch cleveres Positionieren auch gegenseitig Boni liefern, sich vor Feinden beschützen oder sich, wenn man nicht aufpasst, versehentlich in den Rücken fallen. Dazu kommt ein wenig das Glück der Würfel, denn man kann nicht nur kritische Treffer landen, die dem Gegner gehörig einheizen, sondern kann auch verfehlen oder sich mit einem Patzer gleich selbst auf den Hosenboden setzen. Für Spannung ist durch die Mechanik also gesorgt. Damit das nicht langweilig wird, gibt es nach erfolgreichen Quests Erfahrungspunkte um seine Stats und Skills zu erhöhen oder reichlich Loot. Der könnte meiner Meinung nach optisch etwas mehr herausstechen, aber erfüllt mehr als nur seinen Zweck.

Die Gefechte sind dabei schön abwechslungsreich. Nicht immer muss man bl0ß alle Gegner aus den Stiefel scheppern, manchmal muss man auch an bestimmten Orten stehen, sich besondere Gegner zuerst zur Brust nehmen oder eine Weile durchhalten. Dabei gelingt dem Spiel ein wichtiger Spagat, denn Zeitlimits oder künstliche Ziele sorgen oft dafür, dass sich das Spiel gamey anfühlt und so an der Immersion rüttelt. DoG macht aber immer Spaß und lädt mit seinen zahlreichen Gegnertypen, Fallen auf dem Boden oder coolen Szenarien zum weiterzocken ein, fast so, wie so ziemlich jeder außer mir seine Erfahrung mit Civilization beschreibt. Top! Dazu ist das Spiel ziemlich umfangreich ohne echte Längen zu haben. Positives gibt es also jede Menge.

@DearVillagers

Aber nicht alles ist perfekt, den der größte Kritikpunkt liegt in der Technik. Klar, der Sound ist super, denn die Sprecher hängen sich in ihre schrägen Rollen und lassen sich bei Bedarf auch abschalten. Auch die Waffensounds sind unaufällig, aber passend, genau wie man es haben will. Der Artstyle ist cartoonig, die Umgebungen selber sind liebevoll gestaltet und voller Details, die gerne auch Easter Eggs enthalten. Aber das Spiel ist auch ziemlich verbuggt. Soundhänger oder kurz ausrastende Kameras sind dabei kaum der Rede wert, es gibt aber fast schon regelmäßig Situationen, wo das Spiel im Kampf einfach hängen bleibt und die Initiativreihenfolge nicht fortgesetzt wird. Dabei reicht es nicht nur das aktuelle Gefecht neu zu laden, man muss sogar einen noch früheren Speicherpunkt aufsuchen und erneut in den Kampf hineinrennen, sonst versauert man im permanenten Freeze.

@DearVillagers

Fazit:

Ich bin ein einfacher Mensch. Fühlt sich ein Spiel auch nur im entferntesten nach X-Com an, dann mag ich das. Und The Dungeon Of Naheulbeuk bringt auch noch viel mehr mit. Die Dialoge sind albern und unterhaltsam, nehmen wirklich jedes Rollenspielklischee auf die Hörner und bieten ganz nebenbei noch kniffelige Kämpfe, wie ich sie mag: Rundenbasiert. Im Prinzip ist das genau das, was ich mir von Tiny Tina´s Wonderlands gewünscht hätte: Eine Rollenspielparodie, die auch ein Rollenspiel ist. Aber holt´s euch vielleicht lieber für den PC, die Konsolenumsetzung ist ein bisschen hakelig, aber trotzdem noch gut spielbar.

The Dungeon Of Naheulbeuk: The Amulet Of Chaos

Grafik - 8
Technik - 6
Umfang - 10
Handlung - 9
Gameplay - 9

8.4

Quasi ein X-Com im Fantasyformat. Das Spiel punktet mit gelungenen Dialogen, sympathischen Figuren und kniffligen Kämpfen. Absoluter Geheimtipp!

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