Mit Trek To Yomi bringen die polnischen Entwickler:innen von Flying Wild Hog nicht nur eine weitere Liebeserklärung an das japanische Kino, sondern auch ein Spiel, das direkt als Day One Release im Game Pass erscheint. Genug Gründe, um dem Spiel mal auf den Zahn zu fühlen.
Zu Beginn lernen wir den jungen Hiroki kennen, der von seinem Sensei in die Grundlagen des Samurai-Lebens eingeweiht wird. Nur kurze Zeit später wird die Idylle natürlich eingestampft, denn ein Warlord fällt in Hirokis Dorf ein und plündert was das Zeug hält. Als Lehrling kriegt der junge Held natürlich den Auftrag sich zurückzuhalten und auf seine Jugendfreundin aufzupassen. Findet der kleine Hitzkopf aber als Plan nur so geht so und zückt sein Katana. Das läuft anfangs auch ganz gut, er schafft es sogar den Big Bad um seine Nase zu erleichtern. Doch dann dreht sich das Blatt…
Bisschen tief im Klischee Topf, aber bei Trek To Yomi kann man wohlwollend darüber hinwegsehen, denn das Spiel trieft nahezu vor Liebe zu alten Samurai-Filmen. Ich habe die zwar alle nicht gesehen, aber wenn jemand für ein Thema brennt, dann lass ich mich da gerne drauf ein und das gelingt den polnischen Entwicklern fast durchgehend. Das beginnt bei der Story, die im Prinzip ein Rachedrama ist, eingerahmt durch den Ehrencodex der Samurai, geht über zu High Noon-artigen Duellen, gerne auch mal hinter Papierwänden und trifft auch auf mythologische Elemente. Kennt man, aber mag man auch. Die Handlung ist ordentlich geschrieben, aber hält sich mit überraschenden Wendungen ziemlich zurück. Aber dafür zockt man das Spiel wohl eh nicht wirklich, sonst könnt man sich auch einfach so einen Film gönnen.
Das haben die Entwickler nämlich ziemlich offensichtlich getan, denn die Inszenierung ist DAS Highlight in Trek To Yomi. Das sieht man schon auf Screenshots, sieht in Bewegung aber noch cooler aus. Das ganze Spiel ist in der Schwarzweiß-Optik alter Kinofilme gehalten und wird durch Flimmer, Bildfehler und die festen Kameraperspektiven bestens unterstützt. Dabei passiert in den Leveln auch immer etwas spannendes: Anfangs gibt es ein Dorfidyll mit tratschenden Bauern, später brennt das Dorf, Menschen laufen um ihr Leben und Gebäude stürzen ein, während Hiroki versucht seinem Codex zu folgen. Dabei nutzen die Entwickler immer wieder coole Settings, so kämpft man nur als Schatten hinter Papierwänden, flieht vor einstürzenden Böden oder gruselt sich vor den Ungeheuern der japanischen Mythen und Sagen.
Eins kann man dem Spiel nicht vorwerfen: Das Tempo stimmt, ständig hat man das Gefühl nach vorne preschen zu müssen, durchgehend fühlt man sich irgendwie nach Finale. Das macht schon Bock! Solange die Technik mitspielt, zumindest. Denn die Ladezeiten sind kurz und das Spiel läuft flüssig. Andererseits versteckt sich die Technik auch etwas hinter dem Stil, denn die eigentlichen Modelle sind häufig ziemlich grob und auch nicht besonders vielfältig. Außerdem habe ich während der ziemlich kurzen Spielzeit mehrfach keinen Ton in Videosequenzen erlebt, Schade. Die kurze Spielzeit ist dabei ein zweischneidiges Schwert. Den Trek To Yomi kann man ohne große Mühe an zwei Spieleabenden durchspielen. Das wirkt in der Tat eher kurz, andererseits ist das Spiel kein Vollpreistitel und ehrlich gesagt ist die Klopperei zu oberflächlich, um Zocker bedeutend länger an das Spiel zu fesseln. Zwar gibt es mehr als nur eine Handvoll an Combos, die man teilweise freischalten muss, sie wirken sich aber nur marginal aus. Die meisten Gegner segnen nach wenigen Treffern das Zeitliche. Das sieht cool aus und wird der legendären Waffe der Samurai auch irgendwie gerecht, macht’s aber auch etwas lahm, denn mal eben kontern, den Gegner stunnen und dann finishen ist das ganze Spiel über ein probates Mittel. Auch wenn sich mal der Gegnertyp ändert. Klingt jetzt aber auch nach mehr, als es ist, denn es gibt nur knapp ein halbes Dutzend Gegnertypen und kaum einer fordert eine andere Herangehensweise, selbst die seltenen Bosse nicht. Damit ist das Gameplay, wie gesagt, relativ oberflächlich. Daran ändern auch die Items nichts, die man gelegentlich finden kann. Das Spiel ist nämlich ziemlich leicht und nur in den seltensten Fällen ist man auf Spieler wirklich auf mehr Munition oder einen erweiterten Staminapool angewiesen. Andererseits gehören verbesserbare Werte in jedes Spiel und dürfen auch in Trek to Yumi nicht fehlen. Stören tut´s ja nicht. Was hingegen schon stört sind die Puzzle, die gegen Ende gelegentlich mal aufkommen. Die sind nämlich wirklich nur reine Staffage. Die sauleichten Schieberätsel lassen sich mit einem Blick lösen, sind alle vom Ablauf her identisch und passen auch überhaupt nicht in das Tempo des Spiels. Weird, dass die es überhaupt ins Spiel geschafft haben. Der letzte nennenswerte Kritikpunkt geht übrigens an die Kamera, bzw. die manchmal rätselhafte 2D/3D Rückerei, die dafür sorgt, dass man manchmal nicht weiß, ob man sich wieder vertikal bewegen kann oder nicht und ob ein Weg überhaupt begehbar ist.
Fazit:
Devolver Digital haben als Publisher bei mir persönlich einen mega Stein im Brett. Kaum ein Publisher fördert so viele kreative Spielideen, die letztendlich immer zu fast guten Spielen werden. Ähnlich sieht das auch wieder bei Trek To Yomi aus. Auf den ersten Blick sieht das Spiel ziemlich cool aus: Filmoptik, Schwertkämpfe, Style und ´ne ordentliche Kelle Folklore sind genau mein Ding. Auf der anderen Seite steht die gute, alte Fallschirmjägerweisheit „Lieber tot, als uncool“, denn viele der augenscheinlichen Elemente treffen in der Realität nicht genau ins Ziel. Der Look ist irgendwie ein Gimmick, oft weiß man beispielsweise gar nicht genau, wo man eigentlich herlaufen kann und wo nicht, das Kampfsystem bietet zwar ein paar Optionen, die braucht aber keiner, weil die Schnetzeleien dann doch ziemlich flach sind. Die Geschichte räumt auch keine Innovationspreise ab, ist aber ganz gut erzählt. Devolver Digital eben: Kein AAA Titel, aber ein ziemlich okayes Spiel, dass stellenweise ein bisschen an Hellblade: Senua´s Sacrifice erinnert. Auch dort steht die Heldenreise im Vordergrund und das Gameplay verblasst ein wenig im Vergleich zur Bildgewalt. Gerade für Zocker mit Game Pass führt aber eigentlich kein Weg an dem Spiel vorbei.
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Fazit
Grafik - 7.5
Technik - 7.5
Umfang - 7
Handlung - 8
Gameplay - 7
7.4
Ein stilistisch ansprechendes Rache-Epos, das die Luft alter Samurai-Filme atmen will. Das eher kurze Spiel bleibt aber oberflächlich beim Kampfsystem. Dennoch bleibt der Titel der polnischen Flying Wild Hogs Studios ein Must Play für Besitzer des Game Pass, weil Tempo, Dramaturgie und Style bei der Stange halten.