Game Review: Mato Anomalies für PlayStation 5 – Klassenkampf in futuristischem Neo Noir

Chinesische Rollenspiele waren in meiner Spieler Vita bisher immer eher eine Obskurität. Erst mit dem märchenhaften siebten Teil der Legends of Sword and Fairy-Reihe habe ich CRPGs erstmalig so richtig auf dem Schirm gehabt (Review hier) und empfand die sehr eigene Tonalität der chinesischen Produktion als erfrischend angenehm. Umso gespannter war ich, als ich im letzten August Mato Anomalies auf der Gamescom anspielen durfte. Der Titel kommt von dem noch recht jungen Entwicklerstudio Arrowiz aus Shanghai (gegründet 2016) und ist in der neo-futuristischen Stadt Mato angesiedelt. Der Titel sprach mich vor allem aufgrund des Art Looks an, der mich in positiver Weise an Persona 5 erinnerte, gleichzeitig aber klar chinesisch inspiriert war. Auch die Geschichte um Privatdetektiv Doe, der mit dem geheimnisvollen Gram die abgründigen Geheimnisse dieser kaputten Stadt erschließt, hatte ihren Reiz und war an mehreren Stellen klar von Persona inspiriert. Der düster-synthetisch-jazzige Score mit seinen kreischenden, sich in die Leere windenden Saxophon-Klängen erinnerte stückweise an David Lynch und schmiegte sich an den Neo Noir-Vibe des Settings an. Dass die Spielmechaniken letztes Jahr auf der Messe noch nicht ganz fertig waren, geschenkt… Das Interesse war auf jeden Fall geweckt. Nun ist es so weit – Das Plaion Label Prime Matter hat mir dankenswerterweise einen Key für die PlayStation 5 Fassung zur Verfügung gestellt. Schauen wir uns also gemeinsam an, ob die für sich ziemlich interessanten Komponenten ein komplettes Spiel zu tragen vermögen.

Mato Anomalies Mato City

Die Stadt Mato wird sich mit der Zeit immer mehr öffnen @ Prime Matter

Geschichte zwischen Kapitalismuskritik und Psychological Horror

Die Geschichte von Mato Anomalies ist bemerkenswert politisch aufgeladen: Wir schlüpfen in die Rolle von Privatdetektiv Doe, einem cleveren Jüngling, der in der unwirtlichen Metropole Mato sein Glück sucht und versucht sich mit seinem scharfen Verstand über Wasser zu halten. Seine wichtigste Auftraggeberin ist dabei Lady Nightshade, die Betreiberin des Hotels Telosma und als Information Brokerin eine zwielichtige Figur, die an der Schwelle von Unter- und Oberwelt agiert. Sie gibt Doe den Auftrag, am Hafen einer dubiosen Lieferung einer unbekannten Substanz namens Metahirn auf den Grund zu gehen. Der Auftrag werde natürlich fürstlich belohnt; In der Regel naturgemäß ein Indiz dafür, dass eine Unternehmung verdammt gefährlich wird. Doch was Doe widerfährt, dürfte er sich in seinen kühnsten Vorstellungen nicht ausgemalt haben: Bei der Recherche wird er nämlich über einen Riss in eine andere alptraumhafte Dimension gezogen, die von dämonenhaften Wesen bevölkert wird – die Nachtmahre (im englischen Bane Tides) ernähren sich von den  negativen Gefühlen ihrer Wirte, und verstärken diese zugleich.

Mato Anomalies Cyberpunk

Der visuelle Style der cyberpunkigen Metropole Mato ist Highlight des Spiels @ Prime Matter

Doe kann der Metasphäre nur deshalb entkommen, weil ihm in letzter Sekunde ein geheimnisvoller Schwertkämpfer zur Hilfe eilt: Gram ist Schamane, dessen Lebenssinn es ist, Mato von den Gefahren der Metasphäre zu bewahren. Der Retter in Not gehört aber nicht zu der Sorte Held, die sich freundlich und mit einem Lächeln auf den Lippen gibt: Stattdessen ist das Haar lang und kauzig, ein Verband ziert sein vernarbtes Gesicht, die Lumpen hängen am hageren und bleichen Leib und statt eines Arms hat der kampferprobte Fremde einer biomechanische Prothese. Sein Look verrät es – er ist eher der stoische Einzelgänger, der nicht viel vom verpeilten Charme des Detektivs hält.

Mato Anomalies Metasphäre

Die Metasphären haben zwar ein Oberthema, sind aber visuell eher spröde geraten @ Prime Matter

Und doch werden die beiden zum ungleichen Duo: Denn die Suche nach dem Metahirn und all die politischen und wirtschaftlichen Komplotte, die damit einhergehen stehen in direkter Verbindung zum Auftauchen immer stärkerer Nachtmahre. Während Doe die Ermittlungen in der Stadt führt und es sich dabei mit regelmäßig mit diversen Leutchen verscherzt, macht der eigenbrötlerische Gram das, was er am besten kann: Nachtmahre in der Metasphäre jagen mit Unterstützung seiner intelligenten Androidin SkyEye.  Es scheint, als würden die Nachtmahre nicht nur der Auslöser für Wesensveränderungen bei etlichen Leuten sein, sondern als würde auch jemand die Risse zwischen Echtwelt und Metasphäre bewusst ausnutzen, um seine Konkurrenten und Feinde auszuschalten. Mit der Zeit wird die Gruppe um Nightshade, Doe und Gram größer – wir bekommen in den weiteren Kapiteln etwa Zuwachs durch die verschollen geglaubte Revoluzzin Butterfly, den desertierten General Smoker aber auch weitere exaltierte Figuren wie die mysteriöse Nebel, Lady Edelweiss oder den Botenjungen Ringless. Die Welt von Mato Anomalies ist dabei eine kaputte Cyberpunk-Vision, in der die habgierigen Konzerne die Menschen in existenzielle Nöte stürzen. Frischer Sauerstoff muss in Behältern mit „Lebendiger Luft“ erworben werden, wenn man sich keine Filteranlagen zu leisten vermag, denn die Umwelt ist unter der expansiven Last der Menschheit längst zusammengebrochen. Die Polizeigewalt besteht aus synthetischen DroidCops, die der instabilen Einheitsregierung unterstehen. Die organisierte Kriminalität scheint den offiziellen Kräften immer einen Schritt voraus zu sein und das letzte Glied in der Nahrungskette scheint hier immer die Arbeiterklasse zu sein. In seiner Tonalität scheint Mato Anomalies gleichzeitig kapitalismus- aber auch autoritätskritisch, was ich gerade im Rahmen seiner Entstehung für recht erwähnenswert halte. Spannend sind aber auch die Einflüsse von Taoismus und Buddhismus im Story Kontext – so muss man sich als Spieler*in nicht wundern, wenn in der Dystopie Schamanen, Mönche aber auch philosophische Konzepte wie Ying und Yang präsent sind. Zeitgleich scheinen die Entwickler*innen von Arrowiz definitiv und unverhohlen Fans von ATLUS‘ Persona-Reihe zu sein –Fans wissen, dass die Reihe immer auch eine philosophisch-psychologische Komponente in sich trägt. Die namensgebenden Entitäten stammen aus dem kollektiven Pool von Mythologie und Religion. Die Schatten bevölkern das Unterbewusstsein aller und können Verhaltensweisen positiv oder negativ beeinflussen. Die Welten und Widersacher bei Mato Anomalies verhalten sich relativ analog zu P5: Die kognitiven Paläste beim letzten ATLUS-Ableger finden hier ihre Entsprechung in den Metasphären, die auch unterschiedliche themenspezifische Looks haben. Das kollektive und prozedural generierte Unterbewusstsein Mementos von P5 heißt hier schlicht „Zufällige Metasphären“ und ist auch mehrstufig aufgebaut und mit den Nebenquests verknüpft. Und auch die Gegner und Widersacher bei Mato Anomalies sind wie menschliche Begierden benannt – Im ersten Dungeon etwa sind die Nachtmahre allesamt nach Glücksspielen wie Bingo, Blackjack oder Pachinko benannt. Leider ist die psychologische Komponente bei Mato Anomalies nicht ganz so ausformuliert wie bei Persona und wirkt demnach ein bisschen zu sehr wie plumpes Rip Off.

Inkohärente Erzählweise

Mato Anomlies: Graphic Novel Panels

Die animierten Graphic Novel Panels wirken ja ganz cool… @ Prime Matter

Die Grundhandlung von Mato Anomalies hat mir eigentlich ziemlich gut gefallen. Allerdings schafft Arrowiz es nicht ganz, einzelne Handlungselemente sinnvoll zusammenzuführen. Das liegt zum einen daran, dass der politische Noir-Krimi für sich funktioniert, der übernatürlich-psychologische Aspekt der Erzählung hingegen stark aufgesetzt wirkt. Zum anderen wird die Geschichte auf verschiedene Weise erzählt und mutet wie voneinander abgehacktes Stückwerk an: In der Regel wird der Plot über Visual Novel-artige Passagen erzählt – die handgezeichneten Charaktere werden eingeblendet und Dialoge über Textboxen ausgegeben. Manchmal greift Arrowiz auf Graphic Novel-typische animierte  Panels zurück und legt den Charakteren vertonte Sprechblasen in den Mund. Ganz selten gibt es auch voll animierte, in Spielgrafik gerenderte Zwischensequenzen. Warum Arrowiz es aber für sinnvoll gehalten hat, für eine jeweilige Plot Erzählung den jeweiligen Narrationsmodus zu wählen bleibt intransparent. Auch die auf Deutsch extrem hochwertig lokalisierten Texte schwanken in ihrer Qualität: Manche Passagen wirken regelrecht literarisch und metaphorisch stark, andere Dialogpassagen irgendwie dämlich und albern. Negativ und irgendwo auch unfertig fallen aber vor allem die Übergänge auf: Teilweise gibt es starke Handlungssprünge bei den Story Sequenzen, an anderen Stellen gibt es Zwischensequenzen mit dramatischem Event, nur damit ich als Spieler abrupt und unvermittelt wieder auf einem Marktplatz im Spiel lande, als sei vorher nichts gewesen. Das mutet häufig so an, als würden da einfach konkrete Inhalte zwischen den Sequenzen fehlen. Fassen wir also zusammen: Die Inszenierung der an sich soliden Handlung stolpert immer wieder über ihre eigene inkohärente Erzählweise und sorgt dafür, dass das Spiel inhaltlich immer unter der Last seiner eigenen Ambitionen zerbricht.

Mato Anomalies Visual Novel Style

…. aber oft sind es dann die Visual Novel-artigen Passagen, über die die Geschichte erzählt wird (mit zugegebenermaßen hochwertiger Lokalisierung) @ Prime Matter

 

Technisches Mittelmaß mit tollem Art Look

Mato Anomalies General

Wir treffen als Doe auf viele weirde Leutchen @ Prime Matter

Letzterer Kritikpunkt ist übrigens ein Phänomen, welches sich durch wirklich alle Aspekte des Spiels durchzieht. Denn ich mag den Look des Spiels, der mit seiner Anime-artigen Cel Shading Optik klar an Persona 5 orientiert ist und gleichzeitig technische Unzulänglichkeiten durch Stilisierung zu kaschieren vermag. Mato ist versiffte Cyberpunk Großstadt, wirkt aber häufig wie eine stark überzeichnete, fiktionalisierte Version von Shanghai. Hier und da winken übergroße Hologramme, die ziemlich klar von Ghost in the Shell beeinflusst wurden. Das Telosma Hotel schillert in schillerndem 1920er Jahre Look. Überall finden sich kleine Pagoden, Lampions oder buddhistische Symbole, die klar zeigen, dass Mato südostasiatisch zu verorten ist. Die Slums sind in die Höhe gebaut und mit Rolltreppen miteinander verbunden. Und die anfangs an vielen Stellen beschnittene Stadt öffnet sich im Laufe der Kapitel und wird durch zahlreiche Nebenareale ergänzt. Der unique Style des Spiels ist definitiv zentrales Verkaufsargument für Mato Anomalies – man kommt aber nicht umhin, die niedrigere AA-Budgetierung an vielen Ecken und Enden zu bemerken: Die spartanischen NPCs sind in der Regel wenig bis gar nicht animiert, die ansprechbaren NPCs werden als Grafik eingeblendet, haben aber oftmals keine gezeichneten Gesichter und immer wieder gibt es auch kleinere bis mittlere Ungereimtheiten mit der Kamera. Auf der PS5 läuft das Spiel weitgehend stabil, bringt aber dennoch ab und an ein paar Framerateeinbrüche mit. Ich könnte mir vorstellen, dass es da bei der Switch-Fassung demnach größere Schwierigkeiten gibt. Selbiges gilt für die Dungeons: Obgleich die Metasphären optisch und inhaltlich einem Thema (z.B. Völlerei, Geldgier oder Krieg) unterstehen, sind sie im Wesentlichen immer gleich aufgebaut – hier ist nichts von der überbordenden Kreativität der ATLUS Titel zu spüren. Die instanziierten rundenbasierten Kämpfe gegen die Nachtmahre finden auf detailarmen Screens statt, die ebenfalls irgendwie unfertig wirken. Und nochmal zu einem Kritikpunkt, der gewissermaßen schon durchschimmerte: Die Widersacher sind psychologisch konnotiert – Aber statt kreative, weirde Kreaturen zu erschaffen, könnten sie nicht plumper von Arrowiz designt worden sein. Zudem passen die Gegnertypen wirklich gar nicht zu ihrem Namen – wenn die anfänglichen Monster schon nach Glückspielen benannt sind, warum dann kein entsprechendes Design? Das ist eine Menge verschenktes Potential, wo ich einfach glaube, dass das Budget nicht mehr gereicht hat. Die Kampfanimationen unserer Party hingegen sind solide animiert. Im Grunde hat es aber seit der frühen Gamescom Fassung keine signifikanten Verbesserungen an dieser Stelle gegeben und das ist schade.

 

Die Nebengeschichten von Mato

Mato Anomalies Sidequest

Die Nebenquests vertiefen die Schicksale im Mato Mikrokosmos. Wie wir hier sehen, sind aber mancherlei NPCs eher „gesichtslos“ @ Prime Matter

Neben Orten der Hauptgeschichte, die über rote Marker gekennzeichnet sind, gibt es in jedem Kapitel auch diverse Nebenquests zu erledigen. Meistens führen uns diese nach ein paar Recherche-Sequenzen final in die Metasphäre, wo ein Nachtmahr hinter den meisten Konflikten steht. Diese Geschichten sind, obwohl ein bisschen zu repetitiv gemacht, ganz nett erzählt: Sie vertiefen in der Regel den gesellschaftskritischen Ton des Spiels oder sorgen für ein bisschen Grusel oder Romantik. An einer Stelle bittet uns etwa Ringless, der Botenjunge via Mail, dass wir dem Geheimnis einer verfluchten Fabrik auf den Grund gehen. Die Quests bekommen wir über Nachrichten auf unser Handy oder über NPCs – Die Metasphären können wir jeweils über das Pangolintal betreten, ein Portal in Grams Unterkunft. Darüber hinaus gibt es die mehrstufigen zufälligen Metasphären, die besonders starke Items hergeben und mit einem besonders mächtigen Nachtmahr enden. Zu guter Letzt können wir unsere Mitstreiter in der Spielwelt ausfindig machen und Dialoge mit ihnen starten, die ihre Geschichten vertiefen. Auch diese Mechanik hat man sich wohl bei Persona abgeschaut, leider sind die Dialoge nicht wirklich der Rede wert und mit keiner aktiven Quest verbunden.

Durchwachsener Genre-Hybrid

Mato Anomalies Mindhacks

Sowohl die rundenbasierten Kämpfe, als auch das deckbasierte Kartenspiel bei den Mind Hacks wirkt cool, aber nicht miteinander verzahnt @ Prime Matter

Auch spielmechanisch ist Mato Anomalies ein sympathisch ambitioniertes, aber dann in der Ausführung doch eher durchwachsenes Ding. Neben den klassischen JRPG-mäßigen rundenbasierten Kämpfen gibt es noch ein Deck-basiertes Kartenspiel – Wir haben als Privatdetektiv Doe einen mächtigen Handschuh an die Hand bekommen, mit denen wir bei widerspenstigen Zeugen sogenannte Mind Hacks durchführen können, um sie reden zu lassen. Wir schalten mit der wachsenden Anzahl unserer Party zusätzliche Decks frei, die mit ihren individuellen Spielweisen glänzen: Bei jedem Mind Hack Versuch haben beide Parteien eine bestimmte Anzahl an Lebenspunkten (die zu hackende Person i.d.R. 35 LP) – Die Angriffskarten werden als Überzeugungskarten bezeichnet, mit denen wir den Gegner angreifen.  Natürlich gibt es aber auch Verteidigungskarten, die einen Wall aufbauen, der einen direkten Angriff auf unsere LP verhindert. Als Spieler haben wir drei Aktionspunkte – Die Karten bringen unterschiedliche Werte mit, die entsprechend viele AP verbraten. Der Gegner kann sogenannte Dämonen spawnen, die jeweils ihren Einfluss auf das Spielgeschehen haben. Zum Beispiel kann ein Dämon etwa verhindern, dass unsere Verteidigung wirkmächtig ist. Die Dämonen haben ihrerseits auch gewisse LP-Werte – Besiegen wir einen Dämon und deaktivieren wir seine Eigenschaften, wird er meist nach 3 Runden wieder spawnen. Die unterschiedlichen Decks haben zudem bestimmte Fähigkeiten: Die Eigenschaft Schicksal (1) zum Beispiel bedeutet zum Beispiel, dass nach einer Runde eine spezielle Fähigkeit ausgelöst wird. So muss man sich mit den verschiedenen Decks und ihren speziellen Mechanismen auseinandersetzen. Das Ding ist aber, dass die Mechanik zwar durchaus taktisches Gespür verlangt, aber viel basaler als jedes Gwent oder Magic the Gathering ist. Dasselbe gilt für die rundenbasierten Kämpfe: Wir können unsere Kämpfer*innen ausschließlich mit unterschiedlichen Waffen ausstatten, nicht aber mit weiteren Kleidungsgegenständen, die Einfluss auf den Kampf haben. Es gibt Talentbäume, die ausgebaut werden müssen und die jeweils in Offensiv („Ying“), Defensiv- und Heilskills („Yang“) und besonders mächtige „Ultimativ“-Skills aufgeteilt sind. Die Charaktere haben einen gemeinsamen Ausrüstungspool, die Ausrüstungsobjekte können so kombiniert werden, dass die Synergien bilden – Allerdings macht das Spiel wenig Anstalten, das System zu erklären – Am besten fährt man also schlicht, wenn man „automatisch ausrüstet“, weil das Spiel dann automatisch die besten Kombinationen wählt. Die Kämpfe sind auch eher simpel gehalten: Es gibt Hieb- Stich- und Schussattacken. Ähnlich wie bei Persona können Nachtmahre mit entsprechenden Schwächen auf die Angriffe reagieren. Allerdings hat das abseits der höheren Angriffskraft keine weitere Konsequenzen. Die Angriffe haben eine kampfübergreifende Abklingzeit – Das heißt, man muss ab und an abwägen, ob man den besonders starken Angriff verbraten will, obschon der möglicherweise härtere Kampf bereits wartet. Es gibt eine Leiste, die mit Angriffen gefüllt wird und bei vollem Balken den „Ultimativen Angriff“ ermöglicht. In den zufälligen Metasphären gibt es zudem einen Verstandsbalken, denn der Aufenthalt in fremden Sphären nagt an der geistigen Gesundheit. Die einzelnen Elemente sind grundsätzlich gar nicht so verkehrt konzipiert, aber immer eine Spur simpler als bei anderen Rollenspielen. Hier hätte es m.E. mehr Sinn gemacht, einen Mechanismus konsequenter und vor allem fordernder zu designen. Arrowiz wollte ein bisschen zu viel und hat gleichzeitig ein klein bisschen zu wenig geliefert. Aber gleichzeitig muss ich anerkennen, dass sie das Experiment gewagt haben, um sich eben vom Vorbild Persona zu emanzipieren.

Gute Sprecherleistungen und Score zwischen Düsterjazz und Ambient

Auditiv ist Mato Anomalies ein Highlight für mich – Den Score würde ich mir glatt auf Schallplatte wünschen (iam8bit Records, kümmert euch mal) – Hier haben wir düster pulsierende und wabernde Elektronik, die auf dunkle Jazzpassagen trifft und vorzüglich zur cyberpunkigen Neo Noir-Atmosphäre passt. An vielen Stellen habe ich mich an die dritte Twin Peaks Staffel und Bands wie Trouble erinnert gefühlt, aber auch Akira Yamaoka-Referenzen konnte ich raushören. Die englischen Sprecherleistungen sind durch die Bank weg gut und können meines Erachtens auch mit den namhafteren ATLUS-Produktionen mithalten. Die Hintergrundgeräusche sind es aber, wo aber wieder Budget-Einbußen zu spüren sind. Die Welt von Mato soll ja dicht besiedelte urbane Vorhölle sein – wenn das aber schon nicht über die NPCs und ihre Animationen gewährleistet werden kann, dann kann das auditiv über Murmeln, Gesprächsfetzen, Sirenen etc. vermittelt werden. Aber hier verschenkt Arrowiz abermals das Potential. Es bleibt bei den reinen musikalischen Themes, die das Geschehen ein wenig statischer erklingen lassen.

Fazit:

Ich hatte zugegebenermaßen viel Spaß mit Mato Anomalies: Das noch recht junge Studio Arrowiz aus Shanghai hat ein Persona-inspiriertes CRPG geschaffen, das Hunger beweist. Man spürt die Ambition hinter dem Titel an allen Ecken und Enden: Vor allem der Anime-Art Look mit seinem cyberpunkigen Großstadt-Setting ist mit Sicherheit zentrales Verkaufsargument. Das Figurentableau aus Privatdetektiv Doe, dem wortkargen Schamanen Gram und den anderen gesellschaftlichen Underdogs wirkt sympathisch. Und man versucht, die Noir-Vibes mit dem psychologischen Element eines Persona zu verbinden. Gleichzeitig ist die Geschichte, die sich bemerkenswert antikapitalistisch und autoritätskritisch gibt, aber nicht stringent genug erzählt. Erzählton- und Erzählmedium fließen nicht stringent genug zusammen – Zwischensequenzen hätten mit wohlgesetzten Übergängen besser mit In-Game Sequenzen verzahnt werden müssen. So stolpert die Erzählung öfter vor sich hin. Auch spielmechanisch will Mato Anomalies zu viel: Sowohl das rundenbasierte Kampfsystem in den eher uninspirierten Dungeons als auch das deckbasierte Kartenspiel bei den Mind Hacks wirken wie coole Versatzstücke, die aber nicht sinnvoll ineinander greifen. Der durchaus frische Art style kann zwar über die mittelmäßige Technik hinweghelfen, nicht aber über die altbackenen Menüstrukturen und die kargen Dungeons mit den öde designten Widersachern. Insofern muss man bei Mato Anomalies wissen, dass man sich auf einen AA-Titel einlässt, der seine Schwächen hat. Allerdings ist das Spiel mit 39,99 EUR entsprechend bepreist und als solches ein fairer Deal, den sich JRPG- und insbesondere ATLUS-Fans gerne anschauen dürfen.

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Hinweis: Wir verlosen aktuell eine aufwendige Collector’s Edition von Mato Anomalies für die Nintendo Switch. Hinweise zur Teilnahme findet ihr im dazugehörigen Artikel. 

Mato Anomalies [PlayStation 5]

Grafik - 6.5
Story - 7.5
Technik - 6
Umfang - 7
Spielspass - 7.5

6.9

Interessantes Rollenspiel aus China, dem man die Ambitionen an allen Ecken und Enden ansieht. Man muss als Spieler*in allerdings wissen, dass man sich hier auf einen AA-Titel mit deutlichen Schwächen einlässt. Fans von Persona dürfen aber gerne einen Blick riskieren. Der Budget-Preis von knapp 40 EUR ist fair.

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