Ein Plädoyer für den ganz kleinen Maßstab
Wenn etwas preiswerter, platzsparender, oft auch umfassender und dekorativer, als „das Original“ ist, warum bekommt es dann nicht mehr Beachtung?
Laut den Männern in meinem Leben eine klare Sache:
Es sei zu klein.
Es sei eine zu große Fummelei.
Die Finger würden weh tun.
Bis auf den letzten Punkt muss ich sagen, dass ich diese Eigenschaften eher als Feature und nicht als Unzulänglichkeit sehe, aber starten wir ganz von vorne:
Blocks in jeder Größe
Klemmbausteine gibt es nicht nur in Standardgröße und als Duplo (auch „Baby“ genannt), wie beim Marktführer LEGO vertreten, sondern auch in den kleineren Varianten Mini und Diamond. Dazu kommen noch Formate einiger Hersteller, die nur untereinander kombinierbar sind. Ich beschäftige mich hier mit dem kleinsten Format, den Diamond Blocks. Wie auch bei den größeren Bausteintypen gilt hier: Diamond Blocks verschiedener Anbieter sind in der Regel kompatibel.
Ich öffne meinen Karton
Ein neues Bauprojekt fängt mit dem großen Sortieren an. Bisher kamen alle meine Diamond Brick Sets mit Plastiktütchen ohne Reihenfolge. Immerhin wurde aber drauf geachtet, dass die Steine eines Päckchens möglichst unterschiedlich sind. Das erleichtert das Ordnen nach Typ. Dieser Prozess kann gut und gerne mehrere Stunden in Anspruch nehmen. Man steckt die oft gerade mal 4 x 5 mm großen Klötzchen in kleine Zipperbeutel, in Schalen, steckt größere Teile zu Türmchen aufeinander.
Nach diesem ausgiebigen Vorspiel startet man mit der Anleitung. Bei dem Hersteller Balody wird nicht einmal mehr aufgelistet, welche Steine man für einen Schritt benötigt, was das Vorsortieren wirklich obligatorisch macht. Andere Marken wie LOZ oder Lezi gönnen der Baumeisterin noch eine Teileübersicht pro Arbeitsschritt, wie man es von den Anleitungen des Marktführers im Standardformat kennt.
Lieber dreimal die Position abzählen als einmal den Fingernagel abbrechen
Es wird nicht in kleinen Etappen vorangeschritten. Dass man in einer Bauphase über 100 Teile in einem halbstündigen Prozess zusammensteckt ist keine Seltenheit. So kann man in einer 50-seitigen Anleitung sehr wirtschaftlich den Aufbau eines 4000 Teile Sets unterbringen. Konzentriertes Bauen wird vorausgesetzt. Fehler wiedergutzumachen ist nervenaufreibend, weil die kleinen Steine in der Regel fast unzertrennlich verbunden sind. Ein dünnes Messer ist da übrigens hilfreicher als die schwachen, beiliegenden Brick-Separatoren. Das Feingefühl, die Steine ohne Beschädigung voneinander zu trennen, muss man selbstverständlich mitbringen.
Wovon habe ich mehr? Hinstellen vs. Wiederaufbauen
Die viel zu feststeckenden Teile sind für mich der verheerendste Nachteil des Maßstabs. Man hat dadurch, sofern es massiv gebaut ist, ein unfassbar stabiles Bauwerk, das allerdings über kaum Wiederspielwert verfügt, sei es ein Wiederaufbau oder die Nutzung der Blocks für ein eigenes Projekt. Sie sind auch nicht mit anderen Maßstäben kompatibel, wie es etwa Duplo ist, sondern nur unter sich selbst.
Dafür ist für mich der dekorative Wert eines Diamond Block Sets höher. Durch den enorm kleinen Maßstab kann man selbst mit klassischen Bricks ohne vielfältige Bows und Dishes runde Formen wiedergeben. Ein Kuppelbau funktioniert lediglich mit Blocks und Slopes. Die Wirkung von weitestgehend monochromen Gebäuden ist längst nicht so flächig wie bei regulären Architecture Modellen, wie zum Beispiel dem Taj Mahal.
Der Platz, der zum Ausstellen eines Sets benötigt wird, ist um ein Vielfaches geringer. Ein Diamond Brick Set passt ohne Probleme in ein Bücherregal. Da wird es dann aber auch vermutlich bleiben. Zum Bespielen eignen sich Diamond Blocks kaum. Die Steine sind nur zu bevorzugen, wenn man umfangreiche, hübsche Bauwerke zum Aufstellen und Anschauen möchte.
Sehr viele Teile und ausgiebiger Bauspaß für wenig Geld
Die Kosten für ein Diamond Brick Set mit 2500 bis 3500 Teilen liegt in Deutschland bei etwa 35 bis 40€. Für ein kleines Set mit 1000 Teilen muss man mit etwa 15 € rechnen. Damit kosten sie weniger als die Hälfte eines Sets im normalen Maßstab von Klemmbausteinherstellern, von LEGO selbst nur einen Bruchteil.
Im Laden findet man die Sets, wie auch fast alle weiteren Alternativen zu LEGO, nur bei Bluebrixx im großen Stil, wobei die Auswahl online wesentlich größer ist.
Ist das was für mich?
Wenn deine primären Interessen nach Anleitung Bauen und Ausstellen sind, solltest du auf jeden Fall mal ein kleines Set testen. Ich sehe in den Sets eine angenehme, entspannte Feierabendbeschäftigung, die auch vom Preis her eher in den Dimensionen eines Puzzles liegt, als von Klemmbausteinen. Trotzdem bekommt man als Ergebnis ein schönes dreidimensionales Modell, dass man platzsparend ins Regal stellen kann.
Wenn man offen für etwas Neues ist und sich auch nicht als reiner LEGO Purist sieht, den winzigsten Steinen aber doch nicht ganz über den Weg traut, kann sich als Alternative erst an Mini Blocks (z.B. von LOZ) heranwagen. Wem das schon zu fummelig ist, sollte nicht noch eine Nummer kleiner gehen.
Im Artikel präsentierte Sets:
Taj Mahal von Balody
Isaakskathedrale von Balody
(Bei BlueBrixx mittlerweile vergriffen, erhältlich über AliExpress)