Game Review: Marvel vs. Capcom Fighting Collection: Arcade Classics für PlayStation 4 – Wildes Spielhallen-Crossover für die heimischen Konsolen

Spielhallen in Deutschland – Eine fehlende Kultur

Für viele Gamer auf der ganzen Welt sind Spielhallen nostalgische Symbole ihrer Kindheit und Jugend. Unzählige Münzen wurden in Automaten versenkt, um sich mit echten Herausforderern oder der CPU zu messen, man traf sich mit Freunden und vermutlich ging es auch viel um Erdbeermilchshakes. In Deutschland spielten Spielhallen in den 1990er Jahren jedoch nicht die zentrale Rolle, wie in Ländern wie den USA oder Japan, für die meisten Zocker gab es einen Einblick in diesen Aspekt der Gaming-Community lediglich im Auslandsurlaub. Und selbst das reichte schon für die ein oder andere Kernerinnerung!  Aufgrund strenger Regulierungen und dem Aufstieg von Heimkonsolen konnte sich die Spielhallen-Kultur hierzulande leider nie wirklich durchsetzen. Spiele wie Marvel vs. Capcom, die international die Spielhallen dominierten, wurden von deutschen Spielern oft nur durch Heimkonsolen-Portierungen erlebt, in einer Welt ohne Internet kursierten sie aber in den meisten Fällen als spannende Gerüchte auf dem Schulhof.

Vor diesem Hintergrund ist die Veröffentlichung der Marvel vs. Capcom Fighting Collection: Arcade Classics nicht nur eine nostalgische Reise für diejenigen, die Spielhallen frequentierten, sondern auch ein Schatz für Spieler, die diese Erfahrung damals verpasst haben. Diese Sammlung gibt modernen Gamern die Möglichkeit, sich in ein entscheidendes Kapitel der Kampfspielgeschichte zu vertiefen und diese Klassiker so zu erleben, wie sie ursprünglich gedacht waren.

Tja, da kann’s ja eigentlich keine weiteren Fragen mehr geben, oder? © CAPCOM

Ryu versus Wolverine: Ein übertriebenes Crossover-Universum

Und wo wir schon bei Kindheitserinnerungen sind: Actionfiguren haben natürlich am meisten Spaß gemacht, wenn man sie mit der Sammlung des Nachbarkinds zusammenbringen konnte und plötzlich He-Man mit den Ninja Turtles den Boden aufwischen konnte. Dieses Gefühl kennen die Entwickler der Marvel vs. Capcom-Reihe scheinbar auch, denn die Reihe ist bekannt für ihre absurden und unterhaltsamen Crossover-Szenarien, in denen Superhelden wie Spider-Man oder Wolverine gegen Capcom-Charaktere wie Ryu aus Street Fighter oder Morrigan aus Darkstalkers antreten. Die Story tritt hier verständlicherweise in den Hintergrund, aber die angenehm großen Sprites der Charaktere in den bunten Arenen sorgen schon für reichlich Aufmerksamkeit, auch wenn ich persönlich ein bisschen mehr Backgroundinfos hätte. Und vielleicht einen völlig anders aussehenden Hulk, die Variante hier hat echt ein weirdes Design… Trotzdem treffen Eastereggs und Soundbites total den passenden Vibe und so kann man auch heute noch nachvollziehen, was die Leute damals in die Spielhallen gezogen hat!

Gameplay-Mechaniken: Eine Dekade Specialmoves und Walljuggles

Im Kern bleibt die Marvel vs. Capcom Fighting Collection eine Liebeserklärung an das goldene Zeitalter der Arcade-Kampfspiele und ist somit eine Compilation sehr ähnlicher Games. Die Sammlung umfasst mit X-Men: Children of the Atom, Marvel Super Heroes, X-Men vs. Street Fighter,Marvel Super Heroes vs. Street Fighter, Marvel vs. Capcom: Clash of Super Heroes und Marvel vs. Capcom 2: New Age of Heroes klassische Prügler und mit The Punisher, einem (kooperativen) Beat-em-Up, eine kleine Überraschung, denn das Spiel erschien meines Wissens nach nie als Konsolenspiel in Europa und erinnert in bester Art und Weise an andere Genregrößen wie Turtles in Time und Double Dragon.

Jedes Spiel in der Sammlung teilt die grundlegenden Mechaniken, die für die Serie typisch sind – Tag-Team-Kämpfe und chaotische Spezialangriffe in verschiedenen Varianten, die den Bildschirm mit knalligen Farben und Effekten füllen. Lange Combos muss man sich dabei CAPCOM-typisch nicht merken, es kommt dabei viel mehr auf Timing und Positioning an, denn Angriffe gegen die Wand ermöglichen Juggles, die freistehend nicht möglich sind.

Je nach Spiel ist das ganze unterschiedlich komplex, den Spielenden wird aber zeitgemäß geholfen. Zum einen kann man sich das originale Marquee Board der Arcade-Vorlage einblenden lassen und zum anderen gibt es für jedes Spiel einen Trainingsmodus, der wirklich keine Wünsche offen lässt. Und als kleines Schmankerl für komplette Fightingnulpen mit Ambitionen im Singleplayerbereich gibt es sogar eine Quicksafe und Quickload-Funktion.

Im Gameplaybereich unterscheiden sich die einzelnen Spiele kaum. Meistens darf man Tag-Teams erstellen und die Kämpfenden im Spiel auswechseln, um so vermeintliche Schwäche auszugleichen oder Gegner zu kontern. Der Rest ist jedem grundsätzlich bekannt, der schon einmal Street Fighter gezockt hat.

Die größte Ausnahme in der Collection ist The Punisher. Bei dem Spiel handelt es sich um einen Sidescroller ganz im Sinne von Turtles in Time & Co. der sogar im Coop mit dem klassischen Nick Fury gezockt werden kann und ebenfalls von der Quicksafe-Funktion profitiert, denn Spiele dieser Ära sind sackschwer, schließlich liegt ja auch dem Entwickler etwas daran, dass die Spielenden möglichst viele Münzen im Automaten versenken!

Aua… © CAPCOM

Grafik und Kunststil: Retro-Charme trifft auf moderne Bequemlichkeit

Obwohl diese Spiele ursprünglich für 2D-Arcade-Hardware entwickelt wurden, bleibt die künstlerische Gestaltung zeitlos. Die Sprite-basierten Grafiken sind ein herausragendes Merkmal, bei dem jeder Charakter wunderschön animiert ist – von Spider-Mans flüssigen Bewegungen bis zu Ryus ikonischem Hadouken. Auch heute halten diese visuellen Elemente erstaunlich gut stand, was größtenteils den lebendigen Farbschemata und den markanten Designs zu verdanken ist, die sowohl Marvel als auch Capcom auszeichnen.

Die Marvel vs. Capcom Fighting Collection führt auch moderne Features wie verbesserte Auflösungen ein, die dafür sorgen, dass die Spiele auf modernen Bildschirmen gestochen scharf aussehen, ohne dabei den Retro-Look zu verlieren. Spieler haben die Möglichkeit, zwischen verschiedenen visuellen Filtern zu wählen, darunter ein Pixel-Perfect-Modus für Puristen, die die Spiele so erleben möchten, wie sie ursprünglich erschienen sind.

Ein kleiner Nachteil ist jedoch, dass, obwohl die Originalgrafiken gut gealtert sind, einige der Hintergrunddesigns und Effekte im Vergleich zu modernen Kampfspielen etwas veraltet wirken können. Nichtsdestotrotz bewahrt die Sammlung erfolgreich den Retro-Charme dieser Ära, was einen großen Teil ihrer Anziehungskraft ausmacht.

Sound und Musik: Ein auditiver Rückblick

Die Soundtracks der Marvel vs. Capcom-Spiele sind legendär, da sie actiongeladene Musikstücke mit charakteristischen Themen verbinden, die Fans sofort wiedererkennen sollten. Ich kenne sie zwar nicht und bin bei der Nostalgieschiene persönlich ausgeklinkt, weiß die Mucke aber dennoch zu schätzen. Die Musik passt perfekt zum chaotischen Tempo der Kämpfe und steigert die Spannung und Aufregung, besonders in Kombination mit den

Soundeffekten der Angriffe und Treffer. Sprechrollen sind selten und klingen etwas blechern,  klassische Zeilen wie Wolverines „Let’s go, Bub!“ erkennen Fans der Vorlage aber sofort und holen mich dann doch ab!

Große Sprites machen das Spiel auch nach 20 Jahren noch ziemlich sehenswert! © CAPCOM

Leistung und technische Aspekte: Eine reibungslose Erfahrung mit wenigen Macken

Leistungstechnisch läuft die Marvel vs. Capcom Fighting Collection auf modernen Plattformen absolut anstandslos. Die Bildraten bleiben auch bei den chaotischsten Kämpfen stabil, was ein flüssiges Gameplay gewährleistet, das dem ursprünglichen Arcade-Erlebnis treu bleibt. Die Eingabeverzögerung ist minimal, was bei einer Sammlung, die auf Präzision und Timing basiert, unerlässlich ist. Einzig der Rahmen um die Spielaction, der dem heutigen Fernsehformat geschuldet ist, überzeugt mich mit seinem bunten Design nicht wirklich.

Multiplayer und Wiederspielwert: Endlose Möglichkeiten

Wie bei den meisten Kampfspielen glänzt Marvel vs. Capcom wirklich im Mehrspielermodus, und diese Sammlung bildet da keine Ausnahme. Das Online-Matchmaking ist in der Regel zuverlässig und ermöglicht es den Spielern sich mit Gegnern auf der ganzen Welt zu messen. Kompetitive Gemüter können sich dann auch im Ranglistenmodus verewigen oder einfach per Quickmatch loslegen. Somit ist der Wiederspielwert der Collection mit ihren zahlreichen Charakteren und dem Nervenkitzel des Online-Wettbewerbs absolut gegeben. Zusätzlich enthält die Sammlung verschiedene Bonusinhalte wie Konzeptkunst und Hintergrundmaterial, was den Fans noch mehr Gründe gibt, tiefer in die Spiele einzutauchen oder aber auch bequem ignoriert werden kann.

Hitboxen, Attackframes, Tastenbefehle: Der Übungsmodus ist bärenstark! © CAPCOM

Fazit

Selten fällt es mir so schwer ein Spiel fair zu bewerten, denn eigentlich öffnet Marvel vs. Capcom Fighting Collection: Arcade Classics ein Fenster in die Arcade-Vergangenheit, die ich gerne gehabt hätte. Die gab es bei uns aber nur im Urlaub und so fällt ein großer Teil des Nostalgie für mich ins Wasser. Gleichzeitig ist die Umsetzung aber absolut tadellos und Capcom hat sich nicht nur auf seine alten Perlen verlassen sondern sie mit einem sauberen Netcode und einer Anpassung an moderne Fernseher völlig angemessen in die Gegenwart geholt. Fans und Nostalgiker kommen hier voll auf ihre Kosten, Fans moderner Beat-em Ups sollten aber nicht vergessen, dass es sich hier um sehr gute Prügelspiele aus den 90ern handelt, die viele Komfortfunktionen moderner Spiele nicht haben. Das ist aber nur eine Randnotiz: Denn im Grunde ist die Fighting Collection die vermutlich bestmögliche Art die alten Urgesteine im modernen Setting zu zocken. Die Remaster- und Remake-Kuren von CAPCOM der jüngeren Zeit sind in der Regel ziemlich erhaben, und so auch hier.

Marvel vs. Capcom Fighting Collection: Arcade Classics kaufen: 

PlayStation Store [PlayStation 4]

Steam [PC]

Nintendo eshop [Nintendo Switch]

Microsoft Store [Xbox One]  – Release erst 2025, Link wird nachgetragen

 

 

Marvel vs Capcom: Fighting Collection: Arcade Classics [PlayStation 4]

Grafik / Art Style - 7.5
Technik - 9
Umfang - 9.5
Spielspass / Gameplay - 8

8.5

Klar, die Fighting Collection ist vor allem für Nostalgiker etwas: Aber CAPCOM hat hier eine hervorragende Sammlung an Remastern zusammengestellt, die mit vielen Quality-of-Life Verbesserungen und modernen Online-Mehrspieler-Mechaniken aufwartet.

User Rating: Be the first one !