Die Rezension hat ein wenig auf sich warten lassen, aber Indiana Jones ist mir irgendwie wichtig. Als Kind habe ich die Filme geliebt, ich wollte als kleiner Steppke deswegen Archäologe werden (und hab’s immerhin zum Geschichtslehrer geschafft) und viele der alten Indiana Jones Spiele waren sogar sau gut – und irgendwie Schuld an Uncharted und das liebt ja nun jeder, der nicht aus Prinzip in Kommentarsektionen trollen will. Also musste ich mir die Zeit nehmen und dem Spiel die Chance geben diesen Vorschusslorbeeren auch gerecht zu werden. Ob das gelungen ist oder ob es eine verstecke Stachelfalle im Boden gibt, erfahrt ihr aus der Rezension. Packt die Peitsche ein, denn wir gehen auf Schatzsuche!
Indiana Jones and the Great Circle – Ein Schatz, der besser verborgen geblieben wäre?
Story: Tempel, Intrigen und der altbekannte Indy-Charme
Die Geschichte von Der Große Kreis beginnt, wie es sich für Indiana Jones gehört, mitten in einer dramatischen Situation. Indy wird in einem verborgenen Tempel in Südamerika von seinen Guides verraten, nur um im letzten Moment zu entkommen – auf der Flucht vor einem rollenden Felsen und mit einem geheimnisvollen Artefakt in der Hand und einem Haufen Fragen im Kopf. Das Spiel entfaltet sich dann zu einem typischen Indy-Abenteuer, bei dem es um den titelgebenden „Großen Kreis“ geht, ein mythisches Symbol, das angeblich die Kraft besitzt, Zeit und Raum zu kontrollieren. Natürlich ist Indy nicht der Einzige, der hinter diesem Geheimnis her ist. Zwielichtige Organisationen wollen den Kreis für ihre eigenen finsteren Pläne nutzen und schnell findet Indy sich mitten in einer Verschwörung aus Nazis, dem Vatikan und weiteren geheimnisvollen Mächten.
Die Story liefert die gewohnte Mischung aus Archäologie, Mythologie und halsbrecherischer Action. Das spannende Grundkonzept ist dabei wunderbar umgesetzt. Zwar hat man auf den Verlauf der Dialoge keinen Einfluss, dennoch fehlt es dem virtuellen Indy nicht am Witz und Charme, den Fans so lieben. Die Nebenfiguren verfolgen glaubhaft ihre Ziele und sind auch für den ein oder anderen Oneliner zu haben. Gina ist dabei ein solide geschriebener weiblicher Sidekick, der mehr ist als eine Damsel in Distress und Indy mehr als nur ein Mal aus der Patsche hilft.
Gameplay: Rätselspaß oder Frustfalle?
Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich anfangs etwas besorgt war. Schließlich haben Tomb Raider und Uncharted quasi die Blaupause für Indiana Jones Games geliefert und es wäre echt ein Jammer gewesen, wenn sich das Original an seinen Imitaten abarbeiten müsste. Aber die Leute hinter den modernen Wolfenstein Spielen haben sich auf ihre eigenen Stärken berufen! Der Große Kreis setzt auf eine Mischung aus klassischen Indiana-Jones-Elementen: Action-Sequenzen, Kletterpassagen und natürlich Rätsel. Klingt erstmal auch wie eine Beschreibung von Uncharted, aber zum einen ändert der Perspektivwechel in die First-Person das Gesamtbild und zum anderen ist das gesamte Gameplay anders gelagert und deutlich mehr Deus Ex als Tomb Raider.
Die Rätsel sind grundsätzlich das Herzstück des Spiels und reichen von simplen Mechanismen wie Schalter- und Lichtreflexionen bis hin zu komplexeren Suchaufgaben, bei denen man durch die Level schleichen oder geheime Muster erkennen muss. Einige dieser Rätsel sind wirklich gut durchdacht und fühlen sich wie eine authentische Archäologen-Herausforderung an, aber auch die anderen Elemente, wie das Fotografieren von besonderen Motiven versprühen perfekte Indiana Jones Atmosphäre und sind mal witzig, mal kurios und wirklich immer ein ziemlich dankbarer Spender für Erfahrungspunkte.
Die Action-Passagen erinnern kein bisschen an Spiele wie Uncharted, was nicht nur an der Perspektive liegt. Wäre Indy ein D&D-Charakter, dann wäre er ein Schurke und so verlässt er sich wo möglich eher auf das Umschleichen von brenzligen Situationen. Es wäre aber kein Videospiel, wenn man nicht auch einmal kämpfen müsste. Und das macht der gute Professor entweder mit den Fäusten oder improvisierten Waffen aus der Umgebung. Das kann mal eine Flasche sein, mal ein Besen, was halt da ist und weh tut. Wenn man seine Erfahrungspunkte gut ausgibt, dann kann man auch leicht mal einen Angriff parieren oder dem Gegner seine eigene Waffe mit der Peitsche entreißen und sie ihm über den Schädel ziehen. Ganz selten darf auch mal geschossen werden, aber die Waffen haben in der Regel nur wenig Munition und alarmieren auch meistens mehr Wachen, als man haben will. Das ist alles ein bisschen hektisch, aber im Grunde voll cool, wird aber ein wenig von der strunzdummen KI gedämmt, denn man kann ganze Leichenberge produzieren, weil die Nazis zu doof sind, sich vernünftig zu positionieren oder gegebenenfalls auch einfach mal abzuhauen.
Grafik: Zwischen cineastischem Glanz und Texturen so klar wie ein Kristallschädel
Optisch macht Der Große Kreis auf den ersten Blick einiges her. Die Umgebungen – von dichten Dschungeln über antike Tempel bis hin zu urbanen Gebieten– sind atmosphärisch gestaltet. Das Licht- und Schatten-Spiel trägt viel zur Stimmung bei, und einige Szenen sehen wirklich beeindruckend aus.
Im direkten Vergleich fallen die Charaktermodelle aber etwas ab. Im Vergleich zu den fast fotorealistischen Umgebungen in Kombination mit den tollen Lichteffekten, sehen die menschlichen Modelle deutlich künstlicher aus. Indy und die Nazis sind zwar wunderbar ausdetailliert und bewegen sich meistens authentisch durch die Gegend, aber wirken oft auch staksig und irgendwie mehr wie ziemlich gute Actionfiguren. Abgesehen davon, dass die NPCs manchmal etwas aus der Reihe tanzen und beispielsweise Teile der Körper einer anderen Animation folgen, als der Rest. Ich hatte so vereinzelt mal einen Gegner, der in T-Pose patroulliert oder Verbündete, die sich einzelne Treppenstufen hoch- und runter teleportieren. Das geschieht aber nur vereinzelt und ist total verschmerzbar.
Sound: Knallt wie eine Peitsche!
Der Soundtrack von Der Große Kreis orientiert sich stark an John Williams’ ikonischer Musik und schafft es auch, den typischen Indiana-Jones-Vibe einzufangen. Die orchestralen Klänge passen perfekt zu den actionreichen Momenten und unterstützen die ruhigeren Szenen gut. Der ikonische Indiana-Jones-Marsch ertönt nur selten, passt fängt dann aber ein ganz besonders Bild ein.
Die Soundeffekte sind solide, von den knarzenden Tempeltüren bis zu den peitschenden Schlägen. Beim Voice-Acting hingegen bin ich völlig mitgerissen. Troy Baker macht mal wieder Troiy Baker Dinge und zeigt als Sprecher von Indy, dass Voice Acting eine Kunst ist und er der zur absoluten Oberklasse gehört und so den Charakter glaubhaft vermittelt. Viele Nebenfiguren versuchen da mitzuziehen und geben sich hörbar mühe. Ganz außerordentlich zufrieden bin ich übrigens mit den deutschen Sprechern, denn sie sind alle von deutschen Native Speakern eingesprochen und sind dadurch zu jedem Zeitpunkt authentisch, ohne dass man sich fremdschämen muss, weil ein Amerikaner versucht einen deutschen Akzent nachzuäffen. Das trägt für linguistische Korinthenkacker wie mich natürlich total positiv zur Atmosphäre bei!
Technische Performance: Nazis sind doof.
Technisch lief Der große Kreis auf der Xbox Series X bei mir völlig einwandfrei. Die Framerate schwankt zu keinem Zeitpunkt, auch wenn mal etwas mehr auf dem Bildschirm los ist. Es gibt zwar hin und wieder ein paar Bugs, die sind bei mir aber nie schlimm gewesen. Mal sind die Schatten, die normalerweise total beeindruckend und realistisch sind, irgendwie falsch und speziell am Anfang waren die Animationen der NPCs falsch, da liefen die dann im Gänsemarsch mit völlig steifen Armen. Aber das ist direkt nach Release eine Handvoll mal passiert und gemessen an der Größe des Spiels absolut verschmerzbar.
Weniger beeindruckend ist da die KI der Gegnern. Zwar werden die Faschisten auch im Spiel immer wieder als Vollidioten präsentiert, aber die Schleichpassagen sind dadurch oft zu leicht. Die Bösewichte agieren mitunter derart dumm, dass sie Indy wahlweise gar nicht sehen und falls doch, dann blind ins Verderben laufen, um reihenweise umgeboxt zu werden. Das ist manchmal unterhaltsam, aber früher oder später führt das auch dazu, dass man die Gegner nicht mehr so richtig ernst nimmt. Das gibt Abzug in der Bewertung, aber am Ende des Tages ist Der große Kreis ein Action-Adventure, in dem der Adventure-Part einen größeren Raum einnimmt als der Action-Part, dadurch ist das ganze bis zum Ende erträglich.
Fazit:
Indiana Jones und der große Kreis versucht, das Erbe der legendären Filmreihe in die Welt der Videospiele zu tragen, und schafft dies mühelos. Die Mischung aus Action, Rätseln und Exploration bietet zahlreiche spannende Momente, sieht super aus und verbreitet absolute Schlapphut-Atmosphäre! Für eingefleischte Fans von Indiana Jones ist das Spiel Pflicht, aber auch Fans der etwas ruhigeren Gangart und Hobbydetektiven könnte das Spiel dennoch einen Blick wert sein, allein schon wegen der atmosphärischen Schauplätze und Rätsel.
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Fazit
Grafik / Art Style - 8.5
Story / Inszenierung - 9
Technik - 7.9
Umfang / Abwechslung - 8.5
Gameplay / Spielspass - 9
8.6
Indiana Jones and the Great Circle versucht, das Erbe der legendären Filmreihe in die Welt der Videospiele zu tragen, und schafft dies mühelos. Die Mischung aus Action, Rätseln und Exploration bietet zahlreiche spannende Momente, wird sieht super aus und verbreitet absolute Schlapphut-Atmosphäre! Für eingefleischte Fans von Indiana Jones ist das Spiel Pflicht, aber auch Fans der etwas ruhigeren Gangart und Hobbydetektiven könnte das Spiel dennoch einen Blick wert sein, allein schon wegen der atmosphärischen Schauplätze und Rätsel.