Game Review: Republic of Pirates für PC – Ein Piraten Anno mit viel (verschenktem) Potenzial

Republic of Pirates ist ein Aufbaustrategiespiel ganz im Stile von Anno, das von dem polnischen Entwickler Crazy Goat Games entwickelt und von PQube veröffentlicht wurde. Das Spiel erschien am 19. Juni 2024 für den PC. Die Nähe zum Genreliebling Anno ist unverkennbar, bringt aber mit dem Piraten Setting durchaus frischen Wind in die Segel. Ob dieser aber in genügendem Maße aufbraust, um volle Kraft voraus zu fahren oder sich doch eher in ein laues Lüftchen verwandelt, erfahrt Ihr in unserem Test.

Freibeuter Ahoi!

In Republic of Pirates schlüpfe ich in die Rolle eines jungen Piratenkapitäns, der sich aufmacht, das Erbe seines Vaters wiederherzustellen und die Verräter, die besagten Vater und Familie töteten, ausfindig zu machen. Das Spiel beginnt im goldenen Zeitalter der Piraterie, einem Setting, das reich an Geschichte und Abenteuer ist und durchaus Potenzial viele Stunden lang zu fesseln. Die Kampagne bleibt leider hinter den Erwartungen zurück, wird zwar durch einige kleine nette Zwischensequenzen immer mal wieder aufgefrischt, bleibt aber die meiste Zeit über recht belangloses Beiwerk. Aber gerade solche Wirtschafts- und Städtebausimulationen werden ja größtenteils eh nicht wegen einer „epischen“ Geschichte gespielt, sondern vor allem aufgrund der Spielmechanik, des Settings und der Atmosphäre. Bedauerlicherweise kommt hier schon der erste Knackpunkt: Eine angenehme Atmosphäre will das Spiel leider so gar nicht aufbauen.

Das Spiel bietet zwei Hauptmodi: die Kampagne und den Freispielmodus. In der Kampagne folge ich eben der besagten Geschichte, in der ich die Verräter, die meinen Vater getötet haben, bekämpfen und die Piratenrepublik neu errichten muss. Der Freispielmodus hingegen bietet mir die Freiheit, mein Piratenimperium ohne feste Ziele oder Zeitdruck aufzubauen. Hier habe ich allerdings aktuell nur zwei Karten zu Verfügung. Das ist schon etwas sehr wenig.

Anno-Klon 2.0

Der Stadtaufbau ist das Herzstück von Republic of Pirates. Ich beginne mit einem kleinen Außenposten und arbeite mich hoch, indem ich Waren produziere, Gebäude errichte, die Bedürfnisse meiner Bewohner stille und somit nach und nach eine blühende Freibeutersiedlung aufziehe. Das Spiel bedient sich hier massiv am großen Vorbild Anno. Zum Teil wurden dreist gefühlt ganze Grafikassets übernommen. Die Steuerung, die Art und Weise wie ich Produktionsketten aufbaue, sind ebenfalls teils dreist kopiert, wenn auch Republic of Pirates durchaus leichter ist. Nachdem ich die grundlegenden Bedürfnisse meiner Piraten, also Fisch, Seile, Rum, ein Marktplatz, eine Taverne und ein Bordell, erfüllt habe, geht es auch schon recht schnell auf eine andere Insel. Hier muss ich gestehen, macht Republic of Pirates etwas, das mir deutlich besser gefällt als beim großen Vorbild. Wo ich in Anno immer wieder Handelsrouten zwischen meinen Inseln aufbauen muss und das mitunter recht knifflig und unübersichtlich werden kann, muss ich mir in Republic of Pirates darüber keinen Kopf zerbrechen. Alle Waren landen im selben Warenlager. Ich habe also überall immer Zugriff auf alle Waren, die ich herstelle. Das macht das Spiel deutlich einfacher, aber eben auch etwas weniger komplex. Ich für meinen Teil mochte diesen Aspekt sehr.

Was leider gänzlich fehlt, ist der "Wuselfaktor" ©PQube

Was leider gänzlich fehlt, ist der „Wuselfaktor“ ©PQube

Etwas, das gerade Anno oder andere Vertreter wie Tropico perfektioniert haben, ist der „Wuselfaktor“. Also der Faktor, der meine Stadt oder Siedlung erst so richtig lebendig aussehen lässt. Dieser fehlt hier leider komplett. Bis auf ein paar Karren, die meine Waren transportieren, sind die Straßen leer gefegt. Zwar haben die Häuser hübsche Animationen und auch auf dem Marktplatz ist durchaus etwas los, aber ich hätte mir gewünscht das ich unzählige Freibeuter auch durch die Gassen meiner Stadt laufen sehen. Hier und dort ein paar betrunkene Haudegen, oder vielleicht auch eine kleine Schlägerei? Diese fehlenden Kleinigkeiten sind es, die am Ende die Immersion des Spieles für mich zerstört hat.

Segelsetzen!

Was allerdings durchaus atmosphärisch ist, sind die Schiffe! Wann immer ich eines meiner Piratenschiffe in Seestechen lasse, ertönen verschiedenste Shantychöre. Darunter auch bekannte wie „The Wellermann“ oder der Klassiker „Drunken Sailor“. Auch habe ich die Möglichkeit, meine Schiffe zu individualisieren. So sieht am Ende nicht jedes Schiff zwangsläufig gleich aus. Eine nette Idee, die man aber ruhig noch hätte ausbauen können. Leider sind die eigentlichen Seeschlachten wiederum recht langweilig und eintönig. Zwar besitzen meine Schiffe einige „Spezialfähigkeiten“, aber am Ende schaue ich dann doch einfach nur Schiffen zu, wie sie sich auf einem ziemlich hässlichen Meer, gegenseitig Pixel um die Masten hauen. Die Spezialfähigkeiten geben hier durchaus eine Spieltiefe, die man bei Anno vermisst, aber auch hier hätte man sicherlich mehr draus machen können. Schließlich muss ich in einem speziellen Gebäude Kapitäne anheuern, die dann meine Schiffe steuern, aber welche Kapitäne ich nehme hatte, meiner Erfahrung nach, keinerlei Auswirkungen auf den Verlauf von Gefechten.

Nette Idee: Kapitäne sammeln Erfahrung und bringen eigene Attribute mit. Leider wirkt sich das kaum auf das Spielgeschehen aus. Schade! © PQube

Nette Idee: Kapitäne sammeln Erfahrung und bringen eigene Attribute mit. Leider wirkt sich das kaum auf das Spielgeschehen aus. Schade! © PQube

Karibikflair? Leider nein.

Grafisch beeindruckt Republic of Pirates enttäuschenderweise wenig. Die Schiffe und auch Gebäude sind durchaus detailliert, leider fehlt es aber an lebendigen Schauplätzen. Die epische Piratenmusik und die vollständige Sprachausgabe tragen zwar zur Atmosphäre bei, obwohl die Qualität der Sprachaufnahmen manchmal variiert, doch können sie die nur mittelmäßige Grafik nicht wettmachen. Der fehlende „Wuselfaktor“, das teilweise wirklich hässliche Meer nimmt dem Spiel einen Großteil seines potenziellen Charmes und macht es für mich schwer, vollends in die Spielwelt einzutauchen.

Fazit

Mit Republic of Pirates haben Crazy Goat Games sich in noch unbekannte Gewässer begeben. Leider schöpfen die Entwickler dieses angenehm unverbrauchte Setting nicht vollends aus. Der teilweise charmante Stadtaufbau und die tollen Shantys reichen aber nicht aus, um über die Schwächen hinwegzusegeln. Teils ist Republic of Pirates eine wirklich freche Anno Kopie, die aber, zumindest bis hier der neue Teil erscheint, eventuell die Wartezeit kurzfristig überbrücken kann. Alten Genre-Seebären kann Republic of Pirates wahrscheinlich aber nur ein müdes Lächeln abringen.

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Bei Steam (PC)

 

 

Republic of Pirates [PC]

Grafik / Art Style - 5.9
Story / Inszenierung - 2.7
Technik - 8
Umfang - 3
Spielspaß - 6.5

5.2

"Anno light" mit unverbrauchtem Piratensetting, das aber leider an Atmosphäre und auch Spieltiefe vermissen lässt.

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