Game Review: Songs of Conquest für PC – Geistiger Nachfolger von Heroes of Might & Magic im Retrolook

Nostalgie ist das Gefühl, das man spürt, wenn man sich wohlig an etwas aus der Vergangenheit erinnert und Songs of Conquest schießt sich komplett auf dieses Gefühl ein und holt so Veteranen der uralten Heroes of Might & Magic-Reihe ab. Aber gibt es auf dem Hypetrain auch einen Platz für Neueinsteiger? Das erfahrt ihr in unserer Rezension, den ich kenne die Spiele zwar vom Namen her, hab die aber zu ihrer Zeit nie gespielt. 

Das mit den Songs nimmt das Spiel ernst. Und auch erstaunlich gut! © Lavapotion / Coffee Stain Publishing 

Das mit den Songs nimmt das Spiel ernst. Und auch erstaunlich gut! © Lavapotion / Coffee Stain Publishing

Lalaland im Fantasygewand – Die Kampagnen in Songs of Conquest

Das Herzstück von „Songs of Conquest“ ist die Kampagne, in deren Verlauf man verschiedene Völker und ihre Helden trifft und der eher weniger mitreißenden Story folgt, die aber patent erzählt wird. Den Einstieg bietet der Song of Stoutheart, der von Menschen erzählt, die von Baronin Stoutheart angeführt werden, die sich ihre Ländereien zurückerobern will, was gleichzeitig als Tutorial fungiert. Hier werden die Spielenden mit dem Gameplay vertraut gemacht, aber obwohl einen das Spiel ein klein wenig bei der Hand nimmt, nimmt der Entwickler den Spieler auch ernst und liefert auch schon zum Einstieg eine echte Herausforderung. Die anderen Kampagnen, beziehungsweise Songs wagen sich dabei auch etwas in weniger gewohnte Wege und beinhalten auch Geschichten rund um Fantasywesen wie Untote und humanoide Frösche. Dabei bilden unterschiedlich großzügige Levelkarten die Grundlage für die Oberwelt und bilden mit vier Leveln das Korsett für die jeweilige Kampagne. Wem das noch nicht reicht, der kann sich dann auch bei Communitykampagnen weiter austoben, die sich dank des Early Access und der daraus folgenden regelmäßigen Überarbeitung, echt mit den Maps der Entwickler messen können. Das Gameplay in Songs of Conquest läuft stets auf zwei Ebenen ab. Zuerst trifft man auf die Oberwelt, in der man mit seinen Helden und Armeen durch die verschiedenen, detaillierten Landschaften und Städte läuft und lässt Zocker so rundenweise in die Fantasiewelt eintauchen. Das ganze sieht dann so aus, wie man es auch aus Civilization und Co kennt. Wie in einem Brettspiel bewegt man stellvertretend für ganze Armeen seinen Wielder genannten Helden. Diese Helden sind mächtige Zauberer und beteiligen sich bei Kämpfen mit Zaubern, meistens in der Form von Buffs und Debuffs, seltener auch mal Damagespells. Im Gegensatz zu den Truppen, die sich dem Helden schnell anschließen, sind die Wielder nicht mit Modellen auf dem Schlachtfeld vertreten. Das macht erzählerisch Sinn, ich bin aber großer Fan von Helden, die auch selbst zulangen. Je nach Held und Level kann man sich unterschiedlich weit auf der Oberwelt bewegen und mit dieser interagieren. Dabei deckt man häppchenweise den Fog of War auf und findet so auf den sehr liebevoll gestalteten Karten neben gegnerischen Armeen auch kleinere Flavourtexte, Ressourcen und Orte, die man erobern kann.

Die Maps sind mit viel Liebe zum Detail gebaut und laden zum Erkunden ein! © Lavapotion / Coffee Stain Publishing 

Die Maps sind mit viel Liebe zum Detail gebaut und laden zum Erkunden ein! © Lavapotion / Coffee Stain Publishing

Ein Häppchen Civilization mit einer Prise Schach – Gameplay im rundenbasierten Strategiespiel

Der Kampf bildet natürlich das spielerische Herzstück und kommt dabei glücklicherweise ohne nervenzehrende Zufallskämpfe aus. Stattdessen trifft man in der Regel schon aus der Ferne auf gut sichtbare Gegner, erhält vom Spiel eine Einschätzung darüber, wie die  eigenen Chancen im Vergleich mit den feindlichen Truppen so stehen und kann sich dann aussuchen, ob man die CPU den Kampf ausfechten lassen möchte oder ob man sich lieber selbst als General ins Gefecht stürzt. Dabei wechselt man in eine kleinere Karte, bei der sich die Truppen zunächst auf Hexfeldern möglichst vorteilhaft positionieren müssen um dann, abhängig vom Initiativewert der Einheiten, abwechselnd zu agieren. Dabei zeigt sich schnell die Vielfalt der Fantasyeinheiten, denn alle Kreaturen haben unterschiedliche Fähigkeiten und so können beispielsweise die schwachen Milizen der Menschen am Anfang zwar schon im Fernkampf gegen ihre Feinde vorgehen, müssten dann aber eine Runde nachladen, wenn sie erneut schießen wollen. So muss man dann abwägen, ob sich das Nachladen überhaupt lohnt oder ob man in den etwas schwächeren Nahkampf gehen will. Die Wielder sind übrigens nicht wirklich an die Initiative gebunden und können, wenn die Ressourcen es zulassen, mit ihren Zaubern intervenieren und beispielsweise den Fernkampf einer Einheit schwächen oder unpassierbares Gelände beschwören.

Neben dem Erforschen der Oberwelt und dem Kampf bildet das Ressourcenmanagement die dritte Säule von Songs of Conquest. Man kann nämlich nicht nur auf Vorräte stoßen, die auf der Karte verteilt sind, sondern kann auch auf Elemente des Basenbaus zugreifen. An vorbestimmten Stellen kann man verschiedene Gebäude bauen, die das Anheuern von Truppen oder das generieren von Ressourcen ermöglichen. Und hier muss man durchaus aufpassen, was man tut, denn trotz seiner vielen Stärken ist „Songs of Conquest“ nicht ohne Schwächen. Die hohe Schwierigkeit des Spiels kann für neue Spieler überwältigend sein. Das Ressourcenmanagement und die komplexen taktischen Kämpfe erfordern einiges an Erfahrung und Augenmaß, denn es ist gar nicht mal so leicht einzuschätzen, wie viele Verluste akzeptabel sind und ab wann man im besten Fall einen Pyrrhussieg errungen hat von dem man sich in der laufenden Mission nicht mehr erholen kann. Da in dem Fall einfaches Zwischenspeichern nicht ausreicht, können manche das als frustrierend empfinden, insbesondere wenn sie neu im Genre der rundenbasierten Strategiespiele sind. Mir ist das ehrlich gesagt auch etwas viel.

Neben der Einzelspieler-Kampagne bietet „Songs of Conquest“ auch einen Mehrspielermodus, in dem Spieler ihre strategischen Fähigkeiten mit Freunden oder anderen Spielern weltweit messen können. Leuten, die Bock auf Multiplayer haben bietet der Modus eine deutliche Steigerung der Langlebigkeit des Spiels, nicht zuletzt, weil Lavapotion im Nostalgiewahn sogar einen Hotseat-Modus eingebaut hat, bei dem man am selben Gerät gegeneinander antreten kann. Falls man das nötige Sitzfleisch hat. Für mich persönlich ist das alles nix, aber ich könnte es absolut nachvollziehen, wenn manch einer den Mehrspielermodus durchaus als Kaufgrund heranziehen könnte.

Hier verbringt man den größten Teil der Spielzeit. Die Pixelgrafik ist absolut überzeugend! © Lavapotion / Coffee Stain Publishing 

Hier verbringt man den größten Teil der Spielzeit. Die Pixelgrafik ist absolut überzeugend! © Lavapotion / Coffee Stain Publishing (Screenshot der Lavapotion Website entnommen)

Nostalgieoptik aus der Gegenwart – Die Technik auf dem Prüfstand

Visuell beeindruckt mich „Songs of Conquest“ tatsächlich durch seine pixelartige Grafik, die liebevoll detailliert und farbenfroh gestaltet ist. Persönlich bin ich von Retrooptik so langsam echt total übersättigt, aber speziell gemessen an der überschaubaren Größe des Studios bin ich bereit eine Ausnahme zu machen. Vor allem, weil es eben gut gemacht, statt gut gemeint ist und so spiele ich dann am Ende doch lieber noch ein Spiel im Nostalgielook statt einer objektiven Grafikgurke, die am eigenen Budget scheitert.

Ähnlich sieht das mit dem Sound aus, der sich etwas zurückhält, aber trotzdem überzeugt. Besonders positiv fällt das übrigens bei den namensgebenden Songs of Conquest aus, denn als Untermalung für die Übergänge zwischen den Kapiteln singt ein Barde eine kurze Geschichte, welche die Handlung zusammenhält und fortsetzt. Wer sich bei dem Gedanken an Gesangseinlagen, meiner Meinung nach vollkommen zurecht, erstmal schütteln will, weil er sich an die absolute Cringe-Bombe von Dragon Age: Inquisition erinnert, kann sich jedoch entspannen. Die Songs sind mindestens okay, teilweise sogar wirklich ganz cool und damit weit über meinen Erwartungen.

Ein weiterer Pluspunkt ist die Unterstützung für Modder. Die Entwickler haben Werkzeuge zur Verfügung gestellt, mit denen die Community eigene Karten und Inhalte erstellen kann. Vermutlich ist das gerade für Streamer und Communities im Allgemeinen ein echter Gewinn, ich sehe mich aber selbst nicht wirklich damit rumspielen. Aber es ist da und es ist ziemlich gut, wenn man sich nicht mehr oder weniger ausschließlich als Konsument betrachtet.

Vor dem Kampf kann man noch an seiner Aufstellung feilen. Da man aber hier die Initiativereihenfolge noch nicht sieht muss man auch ein wenig raten. © Lavapotion / Coffee Stain Publishing (Screenshot der Lavapotion Website entnommen)

Fazit:

Songs of Conquest ist eine Liebeserklärung an die Rundenstrategiespiele der 1990er und funktioniert genauso gut in der Gegenwart. Fans des Genres, die keine Angst vor knackigen Herausforderungen haben, können mit ruhigem Gewissen zugreifen: Eine schöne, nostalgiegetriebene audiovisuelle Präsentation, ein knackiges (und vielleicht klein bisschen zu unbarmherziges) Kampfsystem sowie umfangreicher Mod-Support machen das Ding zu einem Pflichtkauf für all jene, die anno dazumal die Heroes of Might & Magic Reihe gefeiert haben. Songs of Conquest tritt mit Bravour in die Fußstapfen der altehrwürdigen Reihe.

Songs of Conquest (Early Access) kaufen: 

Steam 

 

Songs of Conquest [PC]

Grafik / Art Style - 8
Story - 7.2
Technik - 7.7
Umfang - 7
Gameplay - 8.5

7.7

Songs of Conquest ist eine Liebeserklärung an die Rundenstrategiespiele der 1990er und funktioniert genauso gut in der Gegenwart. Fans des Genres, die keine Angst vor knackigen Herausforderungen haben, können mit ruhigem Gewissen zugreifen.

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