Game Review: Gotham Knights für die Playstation 5 – Badman Returns?

@ WB Games Montreal

Eine doppelt unsanfte Landung

Gotham Knights ist der Versuch von WB Games Montreal (die Macher hinter dem Arkham-Prequel Batman: Arkham Origins) auf gleich mehrere Hypetrains auf einmal zu springen: Live-Service-Multiplayer Games und die renommierte Arkham Reihe rund um Batman. Und wie das so ist, wenn man auf mehrere Züge gleichzeitig hüpfen will: Die Landung verspricht nicht sanft zu sein. Dabei sieht der Anfang noch ziemlich cool aus, denn das Game beginnt mit einer etwas ausufernden Videosequenz, in der Batman und Ras Al‘ Ghul bis zum Tod kämpfen. Und dieser fulminante Kampf bietet in der Folge auch den Aufhänger für das Spiel, denn nach dem Tod des Urfledermausmanns müssen seine Zöglinge nun den Karren aus dem Dreck ziehen und Batmans letzten Fall zu Ende bringen.

Doch sobald das eigentliche Spiel beginnt, wird es auch direkt weniger cool und bleibt dieser Tendenz auch treu. Natürlich ist Gotham Knights kein echter Totalausfall wie zum Beispiel Dolmen, aber man merkt wirklich in jeder Minute, wie gut das Spiel hätte sein können.

Die Helden sehen super aus und sind vorlagegetreu geschrieben

Gleich zu Beginn kann man zwischen Nightwing, Red Hood, Red Robin und Batgirl wählen und schon da beginnen ein paar echt okaye Features. Die Helden sehen allesamt super aus und sind auch vorlagegetreu geschrieben. Dick Grayson, der erste Robin und inoffizielle offizielle Nachfolger Batmans ist ein Akrobat, der wild durch die Gegend herumsaltot und die Laune hoch hält, Red Hood hingegen bleibt sich als grummeliger Edgelord treu, der es mit Batmans No-Kill-Rule nicht so ernst nimmt, Red Robin ist der Schleicher im Bunde und Batgirl kann vor allem einzelne Gegner gut auf links drehen und hacken. So weit, so gut – auch die verschiedenen Kostüme sehen super aus, sind abwechslungsreich und werden von den Helden auch in Videosequenzen getragen.

Rollenspielelemente aus der Rollenspielelementhölle

Und sollte einem der Charakter gar nicht gefallen, kann man im Mainhub einfach tauschen. Auf dem Papier sind die vier Recken also total unterschiedlich, da ist es umso trauriger, dass von dem renommierten Kampfsystem der Arkham Reihe nur ein repetitives Skelett übrig geblieben ist. Und das liegt nicht zuletzt am Service-Game Charakter des Spiels. Ich habe zwar noch keine richtigen Kaufanreize und Miniangebote in dreistelliger Höhe gefunden, aber auf das Gameplay wirkt sich das merkbar aus. Es gibt Rollenspielelemente aus der Rollenspielelementhölle, die nun wirklich gar nix mit Rollenspielen zu tun hat. Statt nämlich eine Rolle zu spielen, ist man im Verhalten der Helden festgelegt –  Alles hat einen numerischen Wert, den man steigern muss, indem man unsichtbares Zeug sammelt um dann von 4 auf 36 hochzuwerten und damit am Gameplay genau gar nix zu verändern. Das kann doch keinem Spaß machen… Dabei gibt es im Spiel eine große Anzahl an verschiedenen Customization-Optionen, die sind aber (wie es sich gehört) optischer Natur. Dann wurde dem Spiel ein Multiplayer aufgepfropft, der funktioniert, aber nicht sein müsste. Es gibt praktisch keine Interaktionsmöglichkeiten untereinander, man boxt sich halt in Gesellschaft und kann sich etwas Zeit beim Grinden sparen. Aber immerhin kann man das Spiel überhaupt sinnvoll alleine zocken, das haben andere Service Game Nulpen schon anders vorgemacht. Aber warum sollte man? Die meisten Optionen sind nur Zierde und wie man den Combo-Zähler und die Konterfunktion aus Arkham Knight ersatzlos streichen konnte, ist mir völlig schleierhaft. So fühlt sich das Kampfsystem an wie aus einen x-beliebigen Mobile Klopper. Opfer der Entschlackungskur wurde dabei auch der Detektivmodus. Batman war damals randvoll mit Rätseln, bei denen man mehr machen musste als nur die leuchtenden Items zu finden. Das macht zwar immer noch Spaß, aber das liegt auch mehr daran, dass ich das Detektiv Set aus den Mickey Maus Heften auf ewig in meinem Herzen wohnen lasse und daher eine Schwäche für jeden Detektivquatsch habe. Konkurrenz für die Sherlock Holmes Spiele besteht hier in gar keinem Fall. Und dann ist da noch das Skillsystem. Die Angriffe sind teilweise nötig, aber dauern in erster Linie lang. Die Punkte dafür sammelt man jedoch immer nur mit dem selben Helden. Dadurch verlieren die anderen spielbaren Charaktere entweder ziemlich schnell den Anschluss oder man verfällt in meine persönliche Hölle: Stumpfen Grind.

@ WB Games Montreal

Eintönig geht es  gleich weiter, denn Gotham City ist mal wieder eine Open World und sieht auf den ersten Blick super aus. Auf den zweiten bleibt aber nicht mehr viel übrig, denn die offene Spielwiese ist in weiten Teilen reine Staffage. Überall in der Stadt verteilt gibt es Zufallsverbrechen, die immer gleich ablaufen: Man findet Gegner, die jemanden bedrohen, hämmert etwas müde auf dem Punch-Button und ist fertig. Dafür gibt’s XP und das war’s. Manchmal kann man auch rote Fragezeichen aufsammeln, die einem eine andere Form von Zufallsverbrechen anzeigen. Die haben meistens noch ein Gimmick, wie ein Zeitlimit, bis Bomben explodieren oder eine Verfolgungsjagd oder auch mal ein simples Rätsel. Vermutlich ist das auch der Höhepunkt der offenen Welt. Aber auch die wiederholen sich recht zügig. Dazu kommt ein weiteres Riesenproblem: Alle Gegner sind ungefähr gleich und haben ewig lange Lebensbalken. Ich kann mir nicht erklären woher dieser Trend stammt, aber es macht das Game nicht aufregend, sondern lang(weilig). Da hilft es auch nicht, dass es nur wenige Gegnerarten in verschiedenen Kostümen gibt. Da sollte das DC Universum eigentlich einiges an dankbaren Vorlagen liefern, die über „Typ“, „Typ mit Knarre“ und „fetter Typ mit Schild“ hinausgehen. Die Entwickler sind sich dessen auch bewusst, denn wenn Talia Al‘ Ghul, der Pinguin oder Harley Quinn auftauchen, dann in coolen Varianten, die sich frei an der Vorlage orientieren und sie perfekt treffen. Mit dem Court of Owls gibt es auch einen Feind, der in den populärsten Medien bisher auch im Hintergrund blieb.

Und was soll das überhaupt mit dem Bat-Moped? Der fast schon inflationär eingesetzte Gebrauch des Batmobils war schon ein Kritikpunkt für das bedeutend bessere Arkham-Finale Arkham Knight. Man kann zum Glück recht häufig darauf verzichten, aber das Motorrad fühlt sich behäbig an und wird wohl kaum von jemandem genutzt werden, wenn man stattdessen auch Schnellreisen kann.

So bleibt nicht viel mehr zu sagen, als dass Gotham Knights spielerisch keine totale Katastrophe ist, aber durch die guten Ansätze im Setting- und Grafikbereich und den Arkham Games als Vorlage eine einzige Enttäuschung bleibt. Im Verhältnis zum absurd lieblosen Gekloppe werden die wirklich toll gezeichneten Charaktere, sowohl auf Seiten der Batfamily, als auch die der wirschen Schurken und die okaye Geschichte einfach nicht ausreichen, denn dafür fehlt die Abwechslung. Hoffentlich ist das Spiel kein Vorgeschmack auf das kommende Harry Potter Spiel, denn scheinbar ist das erfolgreiche Hinkriegen der Optik kein Indiz dafür, auch ein gutes Spiel zu basteln.

Fazit: 

Ey, ich verstehe das  einfach nicht… Ich bin kein Fußball-Fan und möglicherweise habe ich noch nie in meinem Leben ein richtiges Tor geschossen, aber ich kann mir ganz gut vorstellen, wie das wohl so ist, wenn man aufs Tor zurennt, abzieht und volles Mett die Latte trifft. Und so muss es den Entwicklern von Gotham Knights gehen, denn die haben von den anderen Star Spielern EINIGE Vorlagen bekommen, so dass der gegnerische Torwart aus meinem schwachen Sportbild eigentlich schon zum Duschen vom Feld gegangen sein müsste. Die Batman IP ist ein riesen Ding, da kann Warner Bros noch so viele mittelmäßige Filme bringen und der Verkauf von Comics abebben. Batman ist cool. Die ganze Batman Familie ist cool, das passt also. Dann haben wir mit der Arkham Reihe eine der besten Spieleserien, die man sich als Comic Fan wünschen kann. Da ist Fanservice drin, ein cooles Kampfsystem und ein flüssiges Gameplay. Das hätte man schön alles mit copy & paste in einen Nachfolger rüber kopieren können, dürfte Batman gegen Nightwing & Co austauschen und hätte eine stabile Nummer. Aber nö, stattdessen haben wir hier einen heißen Anwärter für Multiplayer-Lizenzgrütze, der sich mit dem unsäglichen Marvel’s Avengers von Square Enix und Baldur’s Gate 3 um einen Treppchenplatz auf dem Podest der größten-Enttäuschungen- für-Mehrspielerspiele-die-man-unter-großem-Leid-auch-alleine-spielen-kann kloppen muss. Und das für schmale 70€+. Wow.

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Fazit

Story - 7
Technik - 7
Gameplay - 5
Umfang - 6.5

6.4

Optisch okaye Schauwerte und gut geschriebene Charaktere treffen auf zutiefst mittelmäßiges und fades Solisten-Gameplay mit Live Service-Charakter. Warum man nicht auf Nummer sicher gegangen und einfach den Arkham-Kosmos erweitert hat, versteht wohl nur Warner Bros. Interactive allein.

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